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Wie Corona so spielt

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Wie Corona so spielt

Die Stühle im Altstadttheater bleiben erstmal leer (Foto: Falco Blome)

Die Kleinsten der Kleinen trifft es in der aktuellen Corona-Krise hart. Darstellende Künste sind hierbei besonders stark getroffen – der große Obolus und die Möglichkeit Gewinne einzufahren, waren in der regionalen Kultur auch vor der Pandemie nicht die Norm. Ausfallende Veranstaltungen und geschlossene Kinos, Theater, Museen und andere Bühnen verschlimmern die Lage noch. Zum Glück sind Künstler kreativ und gehen auch in schweren Zeiten mit dem um, was Ihnen gegeben wird. espresso hat beim Ingolstädter Altstadttheater, 20minmax und der Schauspielerin und Theaterpädagogin Nicole Titus nachgefragt wie der Stand der Dinge ist.

Falco Blome

Künstlerischer Leiter Altstadttheater Ingolstadt

Es wird im Altstadttheater nicht mehr geprobt und nicht mehr gearbeitet. Wir wollen unsere Kollegen nicht in Gefahr bringen. Gearbeitet wird von uns noch zuhause. Anträge werden gestellt, neue Stücke werden geschrieben, Konzepte erarbeitet. Ich arbeite im Moment gerade an den Texten und Fassungen zu drei Stücken. Zu tun ist also zumindest für das Leitungsteam noch genug.

Nur aus eigener Kraft nicht lange. Das Überleben hängt vor allem auch davon ab, ob wir eine Unterstützung zum Beispiel aus dem Kulturfond der Stadt bekommen, die wir dringend bräuchten. Die Anträge sind gestellt, allein auf eine Antwort warten wir bisher vergebens.

Wir haben ja kein festes Ensemble. Das heißt, wir arbeiten bei den Schauspielern mit Werkverträgen für die Proben und Aufführungen. Die Kollegen, mit denen wir arbeiten, sind freie Schauspieler, die eigentlich auch nicht bezahlt werden, wenn nicht gespielt wird. Für die Kollegen brechen gerade alle Einnahmen weg. Nicht nur bei uns, sondern auch bei den anderen Engagements, die die Schauspieler haben. Wir bemühen uns aber sehr, die Kollegen zu unterstützen. Das ist für uns aber in angemessener Weise nur finanzierbar, wenn wir von staatlicher oder städtischer Seite über Hilfsfonds Gelder bekommen.

Nein. Ich glaube, mit einer solchen Situation hat keiner gerechnet.

Ich glaube, da werden wir sicher etwas dazu machen. Das Thema schreit danach, auch künstlerisch bearbeitet zu werden, in all seinen Facetten.
Zunächst aber wird es darum gehen, wenn wir den Spielbetrieb wieder aufnehmen können, die ausgefallenen Vorstellungen und Gastspiele, die ja schon teilweise verkauft waren, nachzuholen und auch die Premiere „Wie die Souffleuse sich vom Suff löste“, die im März geplant war, neu zu setzen. Wir hatten auch Vorstellungen, zum Beispiel in Pfaffenhofen, geplant. Auch die müssen nachgeholt werden. Die bereits verkauften Karten behalten ja ihre Gültigkeit und können dann für die Ersatzvorstellungen genutzt werden.

Aus dem Theaterraum des Altstadttheaters leider nicht. Auch für die Kollegen gilt natürlich, Kontakte möglichst zu vermeiden. Wir denken über Aufzeichnungen von zuhause nach, sind uns aber einig, dass das schon etwas Gebautes und Strukturiertes sein muss und keine Improvisation. Das ist allerdings allein technisch schon nicht so einfach zu realisieren.

Von der Stadt, dem Land und dem Staat wünschen wir uns, dass auch kleine Theater wie wir nicht vergessen werden und so unterstützt werden, dass wir über diese schwierige Zeit hinwegkommen. Von unserem Publikum wünschen wir uns natürlich, dass sie uns weiter treu bleiben. Diese Spielzeit war bisher unsere erfolgreichste mit den meisten Zuschauern und mit zahlreichen ausverkauften Vorstellungen. Das tut weh, wenn man das Haus auf einmal nicht mehr bespielen kann. Wundervoll wäre, wenn wir da weitermachen dürften, wo wir aufhören mussten und unsere Zuschauer weiter so zahlreich wie bisher bei uns begrüßen könnten.

Ich finde es absolut richtig, die Kontakte im Moment so weit wie möglich einzuschränken. Das ist die einzig sinnvolle und logische Reaktion auf die Pandemie. Großartig ist die Leistung derer, die alles noch am Laufen halten. Das sind meist die, denen man gern zu wenig Beachtung geschenkt hat. Jetzt sieht man, wie essentiell wichtig diese Berufsgruppen sind.
Wirklich toll finde ich wie solidarisch sich zumindest die Meisten momentan verhalten. Ich hoffe sehr, dass diese Solidarität auch weiter bis nach der Krise anhält. Das wäre etwas Schönes nach dieser schwierigen Zeit.

Man muss nicht auf Theater verzichten. Einige große Häuser bieten Aufzeichnungen ihrer Produktionen als Stream an. So zum Beispiel die Schaubühne Berlin, bei der man sich jeden Tag eine andere großartige Inszenierung anschauen kann. Das ist natürlich nicht dasselbe wie das Live-Erlebnis, aber immerhin.
Und ansonsten: Lesen. Die Bücher, die man noch auf Halde hat. Jetzt ist die Zeit dazu, den Berg abzutragen. Die Phantasie ist das neue Draußen.

Marcel Aigner-Spisak

Künstlerischer Leiter Kurzfilmfestival 20minmax

Unser Team und der selbstständige Förderverein haben bereits Anfang März über Corona bedingte Optionen zur Ausführung des Festivals nachgedacht. Vor dem 13. März waren die Ansagen für Veranstaltungen relativ unsicher. Erst wurden Veranstaltungen für bis zu 500 Personen verboten – zu diesen Konditionen hätte das Festival stattfinden können, wir luden allerdings vorsorglich unsere internationalen Gäste aus und stornierten deren Tickets. Die erste Spielstätte, die Werkstattbühne des Stadttheaters Ingolstadt, fiel daraufhin jedoch durch die Schließung des Hämerbaus als Veranstaltungsstätte aus. Dann sagten wir die Veranstaltungen im MKK und im KAP94 ab, im Letzteren sitzt man recht eng. Einige Tage lang galten Veranstaltungen mit weniger als 100 Teilnehmern als akzeptabel, also wurde kurzzeitig überlegt die Veranstaltungen im Audi Programmkino zu halten und dort statt der großen Preisverleihung in der neun eine Vorführung mit Sponsoren und Award-Gewinnern stattfinden zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt war der Virus jedoch schon recht nah, und wir uns der Verantwortung bewusst. Also haben wir bereits am 13. März - drei Tage vor dem ausgerufenen Katastrophenfall - beschlossen das Festival in den Herbst zu verschieben. Denn bei Festivals geht es nicht nur darum Filme zu zeigen, sondern auch um die soziale Interaktion, die Reaktionen des Publikums und die Auszeichnungen der Awardgewinner, die Wochen und Monate lang Herzblut in ihre Filme stecken.

Als die Coronaviren auch bei uns zum Thema wurden, war schon alles geplant und das meiste ausgegeben, die Filme und Preisträger der diesjährigen Festival-Ausgabe standen bereits fest. Reisekosten für Awardgewinner werden durch Gutschriften in den Herbst übertragen und mit den Veranstaltungsstätten gibt es bisher keine Probleme. Einzig die Werbung und damit verbundene neue Drucksachen wie Plakate, Flyer und Programmhefte müssen neu getragen werden. Sollte die Ausgangsbeschränkung und die damit verbundenen Veranstaltungsausfälle länger als über den kommenden Herbst hinaus gehen, müssten jedoch rechtlich gesehen Fördergelder an Stadt, Bezirk und Land und Sponsorengelder zurück gezahlt werden, die bereits ausgegeben sind. Das wäre ein sehr großes Problem. Die Hoffnung für Herbst steht.

Nicht viel, hoffe ich. Da die Preisträger bereits vor Festivalbeginn informiert wurden, um Anreisen und Aufenthalt in Ingolstadt planen zu können, werden die Gewinner bereits jetzt veröffentlicht. Für Fans und solche, die es werden wollen, bietet 20minmax Highlights aus den vergangenen Jahren und den einen oder anderen Siegerfilm aus diesem Jahr auf der Homepage zum kostenlosen Stream über Vimeo an. Wie die Abschlussveranstaltung, bei der die Gewinner normalerweise bekannt gegeben werden, im Herbst aussieht, überlegen wir gerade.

Die Maßnahmen sind sinnvoll, viele Freiberufler, vom Künstler bis zum Anwalt sitzen jetzt jedoch auf dem Trockenen und könnten bei länger anhaltender Lage in die Pleite abrutschen. Sollte die Situation länger anhalten, ergibt sich auch eine existentielle Gefahr für unsere Kultur, das Leben im öffentlichen Raum allgemein.

Jeden Tag mindestens eine halbe Stunde raus gehen! Egal ob spazieren gehen, Rad fahren oder andere Bewegung an der frischen Luft. Wichtig ist es auch Kontakt zu seinen Mitmenschen zu halten, vor allem zu jenen, die momentan alleine sind. Und selbstverständlich: Unser Angebot online genießen und sich dabei schon auf 20minmax im Herbst freuen.

Nicole Titus

Freischaffende Theaterpädagogin und Schauspielerin

Die Nachricht habe ich Herrn Lösel über seinen Instagram-Account gesendet und auch auf Facebook gepostet. Petra Kleine (Grüne) hat sich dann bei mir gemeldet, als die ersten Hilfspakete von Stadt, Freistaat und Bundesregierung ins Leben gerufen wurden und hat mich darauf hingewiesen. Es ist gut, wie schnell agiert und reagiert wurde. So wurden innerhalb von 10 Tagen Hilfsfonds entwickelt, die Unternehmern, Freischaffenden und anderen zur Verfügung stehen. Persönlich hab ich noch nicht beantragt, bin aber dabei, zudem werden die Gelder schnell zugewiesen. Man kann sich dazu auf diversen Webseiten informieren. Bei diversen Hilfsfonds kann man auch mehrmals beantragen, weil aktuell keiner weiß, wie es nach dem 20.4. aussieht. So gibt es z.B. einige Veranstaltungen, die nach dem 20.04.20 stattfinden sollen und noch nicht abgesagt wurden, aber durchaus noch ausfallen können. In Ingolstadt gibt es auch den seit 25 Jahren eingetragenen Verein Pro Beschäftigung für Frauen in der Arbeitswelt, Michael Benecke beispielsweise, hilft und berät Gründerinnen.

Nicoles vollständige Linksammlung zum Thema, finden Interessierte unter dem Interview!

Auf der einen Seite sehe ich grad alles, was Gutes passiert, dass es in der Theater- und Filmbranche viele neue Möglichkeiten gibt sich z. B. bei CasterInnen vorzustellen. Die Digitalisierung hilft hierbei, so haben Simone Bär (https://www.castingstudio.de/), Anja Dihrberg (http://www.dihrberg.de/) und Suse Marquardt (http://www.susemarquardt.de/) eine Casting-Initiative ins Leben gerufen – unter den Hashtags #unitedweact und #wirspielenzusammen nehmen SchauspielerInnen Videos auf und posten sie auf Instagram. Es entwickeln sich neue Möglichkeiten, um als SchauspielerIn gesehen zu werden. Es ist auch schön und positiv, wie die Szene mit der Ausgangsbeschränkung umgeht, dass ein positives Mutmachen stattfindet. Ich nehme auch einen gewissen Zusammenhalt in der Gesellschaft wahr. Ich erhoffe mir, dass Pflegekräfte, Krankenschwestern usw. in Zukunft mehr geschätzt, besser bezahlt werden und mehr Anerkennung erhalten.

Für mich als Freischaffende ist die Situation unsicher, da keiner sagen kann, wann wir die Krise überstanden haben. Es ist schwer Projekte und Auftritte zu planen, weil niemand etwas fest zusagen kann. Und ich werde nur bezahlt, wenn Projekte auch stattfinden. Es ist wichtig, dass Menschen geschützt werden und man dafür alles tut, dass die Leute gesund bleiben. Ich sehe auch die negativen Seiten der Ausgangsbeschränkung. ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen warnen vor steigender häuslicher Gewalt sowie einer steigenden Anzahl an Suiziden. Wenn man nach Ungarn schaut, wo sich Viktor Orbán zum Alleinherrscher gemacht hat, das beängstigt. Es kommt leider auch wieder eine Art Denunziantentum auf, wenn NachbarInnen NachbarInnen anzeigen, weil man nebeneinander auf einer Parkbank sitzt und vielleicht nur einen Meter voneinander entfernt sitzt statt der 1,5 m. Ich verstehe, dass viele Menschen Angst haben. Es ist jedoch wichtig alles in Relation zu setzen und sich nicht von der Angst regieren zu lassen. Es ist wichtig Menschenleben zu schützen – egal aus welchem Land jemand kommt – und es ist wichtig unsere Demokratie zu schützen. Das eine darf nicht gegen das andere ausgespielt werden.

Wir vom G‘scheiterhaufen  haben bisher jeden Freitagabend im Kunstwerk geprobt, jetzt haben wir den Termin eben auf Skype verlegt und hatten auch schon die zweite Probe.
Für mich ist es wichtig in Kontakt zu bleiben, neue Formate für sich zu erschließen – wir suchen alle neue Wege, wie wir das, was wir machen, trotzdem weiter machen können. Jedoch kann kein Livestream der Welt das Gefühl, live vor einem Publikum in einem Theater aufzutreten etc., ersetzen.

Zur Zukunft der Produktion habe ich den Regisseur Benjamin Strobel um ein Statement gebeten, er schreibt: "Der Filmstart in Passau war seit Wochen für den 12.03.2020 geplant und, da es bis zu diesem Termin noch keine Ausgangsbeschränkungen gab, haben wir beschlossen, zumindest die Premiere stattfinden zu lassen. Der Filmstart ist nun auf den Herbst bzw. auf den nächstmöglichen Termin in diesem Jahr verschoben. Wir machen dazu auch nochmal in Passau eine Premiere und starten vorerst in Niederbayern, dann aber auch in Oberbayern, der Oberpfalz und in Oberösterreich. Da wir grundsätzlich keinen Vertriebsdruck haben bzw. keine vorgegebenen Startdaten und DVD-Release Termine, können wir auch in dieser schwierigen Phase entspannt damit umgehen. Einzig schade ist, dass wir alle schon sehr auf die Reaktionen aus dem Publikum gespannt sind und somit auf Feedback noch ein bisschen warten müssen. Aber wir sind alle gesund und das ist zur Zeit die Hauptsache.“

Der Premieren-Termin in Passau war bereits von Corona überschattet, viele ZuschauerInnen haben abgesagt. Aber das Kino hat die vorgegebenen Vorsichtsmaßnahmen gut umgesetzt und in dem großen Saal konnte man durch freigelassene Sitzplätze den nötigen Abstand halten. Es war toll in Passau zu sein, die Stadt ist sehr schön. 2013 wurde Passau stark von dem damaligen Hochwasser heimgesucht und die damals herrschenden Wasserstände wurden an den Häuserfassaden markiert, um an die Krise zu erinnern. Daran sieht man aber auch wie es nach schweren Zeiten positiv weiter gehen kann. Die Menschen haben es geschafft da wieder raus zu finden, das fand ich ein schönes Zeichen für unsere Zeit.

Momentan versuche ich, so gut wie möglich meinen Tagesablauf beizubehalten, wenig bis gar kein Social Media zu nutzen. Es ist auch völlig in Ordnung, wenn man mal einen Tag keine Nachrichten schaut, die Zeit des Nachrichtenschauens reduziert. Es ist aber wichtig sich verschiedene Hintergrundinformationen von unterschiedlichen renommierten Medien zu holen, man sollte sich nicht nur auf ein Medium verlassen. Ansonsten sollte man raus an die frische Luft gehen und mit Freunden skypen oder ähnliches, sich eine Komödie anschauen. Selbst meditiere ich auch jeden Tag in der Früh und mache Yoga, das mach ich sonst auch und hilft mir den Rhythmus beizubehalten. Ganz wichtig auch – Pläne machen für die Zeit nach der Krise!

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