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Janina malt die Welt

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Janina malt die Welt

alle Illustrationen: Janina Kaufmann | Kontakt: janinakaufmann@web.de | Instagram: janina_malt_die_welt

Mit ihrer 365-Tage-Challenge auf Instagram macht sie die Welt jeden Tag ein bisschen bunter

Das Zeichnen zieht sich durch Janina Kaufmanns Leben wie ein roter Faden. Seit sie einen Stift halten kann, malt sie. Am Gnadenthal-Gymnasium in Ingolstadt machte sie Abitur. Leistungskurs: Kunst. Ihr Studium: Kommunikationsdesign an der Deutschen Meisterschule für Mode in München. Ein kreativer Beruf sollte es werden, das war ihr immer klar. 10 Jahre arbeitete sie als Grafikdesignerin für verschiedene Modemagazine, u.a. für Instyle.

Im vergangenen Jahr macht sich Janina Kaufmann als Grafikdesignerin und Illustratorin selbständig. Etwa zeitgleich startete sie ihre 365-Tage-Challenge. Am 24. März 2020, als die Welt sich im Ausnahmezustand befand, beschloss Janina, fortan die Welt jeden Tag ein bisschen bunter zu machen – ein ganzes Jahr lang wollte sie jeden Tag eine neue Illustration auf Instagram veröffentlichen. Ihr großer Traum ist es übrigens, einmal ein eigenes Kinderbuch zu illustrieren. Dass das eines Tages mehr als nur ein Traum werden könnte, merkt man an jedem liebevollen Detail ihrer Zeichnungen.

An Tag 352 der 365-Tage-Challenge sprach espresso mit Janina.

Janina Kaufmann

Grafikdesignerin & Illustratorin
Janina Kaufmann unterrichtete zweitweise an einer Freien Akademie in Ingolstadt und gab ein Seminar an der LMU München. Als Freie Mitarbeiterin war sie vor einigen Jahren sogar kurz für espresso tätig. Aktuell lebt sie mit ihrer Familie in München.

INTERVIEW

Janina, seit dem 24. März 2020 veröffentlichst du täglich eine neue Illustration auf deinem Instagram-Kanal. Wie kam es dazu?
Die Instagram-Challenge war eigentlich Zufall. Da gab es plötzlich dieses Corona und den ersten Lockdown. Meine Tochter hat nicht verstanden, warum sie plötzlich nicht mehr in den Kindergarten gehen darf. Für Kinder gab es keinerlei Infomaterial. Deshalb habe ich angefangen, für meine Tochter ein Corona-Plakat mit den Verhaltensregeln zu zeichnen und dieses anschließend an Freunde und Bekannte verschickt. Es klingt schon ein bisschen makaber, aber es hat sich in Deutschland verbreitet wie das eigentliche Virus. Plötzlich hing es in Kliniken, Kinderpraxen, Bussen…

Das Corona-Plakat (DIN A3, 8 MB) könnt ihr hier herunterladen.

Das Plakat wurde zum Selbstläufer.
Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet, aber für mich war es ein Startschuss. Jahrelang habe ich überlegt, ob ich meine Arbeit und meine Illustrationen in Sozialen Medien zeige, hatte aber Angst vor Bilderklau und Urheberrechtsverletzungen – ein großes Problem auf Instagram & Co. Durch das Plakat habe ich so richtig gemerkt, dass die Leute scheinbar mögen, was ich mache. Also erstellte ich einen Instagram-Account. Dabei bin ich etwas naiv an die Sache herangegangen, habe den Aufwand unterschätzt und natürlich gleich eine 365-Tage-Challenge daraus gemacht…

Wie war die Corona-Zeit für dich?
Für mich war das Jahr eine echte Achterbahnfahrt. Es ist viel Positives passiert, weil sich für mich beruflich und in künstlerischer Hinsicht so viel bewegt hat. Auf der anderen Seite hatten wir in unserem nächsten Umfeld ganz schlimme Coronafälle und vermissen – wie alle – unsere Freunde und Familie.

Es klingt zwar etwas überzogen, aber diese bunten Bildchen, mein Plan, die Welt jeden Tag ein kleines bisschen bunter zu machen, ging für mich irgendwie auf.

STARKE FRAUEN

Kennt ihr sie alle? Der Reihe nach: Coco Chanel, Jane Goodall, Marie Curie, Kamala Harris, Sophie Scholl

Welche positiven Erfahrungen hast du durch die Challenge machen dürfen?
Durch Instagram bekomme ich eigentlich fast alle meine aktuellen Aufträge. Ich sehe Instagram mittlerweile als Portfolio und eine Möglichkeit, mein Können potenziellen Kunden und Verlagen zu präsentieren. Oder einfach, um Menschen mit meiner Kunst zu erfreuen. Aus der Challenge haben sich außerdem unglaubliche Kontakte ergeben. Mit einem davon – einem Lehrer – hat sich sogar eine richtige Freundschaft entwickelt. Er hat mich darauf hingewiesen, dass es für Lehrer*innen Plattformen gibt, auf denen sie sich Bildersets kaufen können, um diese für ihr Unterrichtsmaterial zu verwenden. Ich zeichne also u.a. historische Bildersets für die Schule. Die Zeichnungen sollen einen Lehrwert haben – ich schaue z.B., dass der kleine Römer historisch korrekt ist und keine pinken Leggings trägt – aber gleichzeitig auch niedlich sein. Inzwischen habe ich in dieser Nische meinen Platz gefunden.

REISE UM DIE WELT

21 Länder „bereiste“ Janina in ihrer Challenge. In der Auswahl: Spanien, Italien, Mexiko, Guatemala, Algerien, Malaysia, Marokko, Türkei & Deutschland

Als wir das Interview führen, sind es noch 13 Tage bis zum Ende der Challenge. Wie blickst du auf die letzten verbleibenden Tage?
Ich muss schon sagen, dass die Challenge teilweise ein Klotz am Bein war – da bin ich ganz ehrlich – aber mir auch unglaublich viel bedeutet hat. Hinter jeder Zeichnung steckt viel Arbeit. Fast alle Illustrationen, die ich auf Instagram zeige, sind extra dafür gezeichnet. Selten poste ich Sachen aus meinem Fundus. Ich überlege mir immer, was gerade thematisch passt und lasse mich von aktuellen Ereignissen inspirieren, z.B. der Black-Lives-Matter-Bewegung. Ich wollte immer aktuell sein und Dinge zeigen, die die Leute gerade bewegen.

Es war also oft stressig?
Ja, weil ich das alles neben meinen eigentlichen Aufträgen erledige. An der Challenge verdiene ich keinen Cent. Manchmal fragt man sich dann schon, warum man das noch macht. Ich bin aber ein Mensch, der, wenn er etwas anfängt, es auch durchziehen will. Da bin ich schon ein wenig perfektionistisch und ehrgeizig. Meist zeichne ich tagesaktuell, produziere aber auch vor. Die 21-tägige Weltreise war eine Serie, die ich vorproduziert habe, um im Urlaub nicht jeden Tag den Druck zu haben, noch etwas zeichnen zu müssen.

Wie war das Arbeiten im Lockdown für dich?
Der Lockdown war natürlich heftig. Meine Tochter war monatelang nicht im Kindergarten, da konnte ich nur nachts arbeiten und musste sowohl meine Aufträge als auch Instagram unter einen Hut bringen. Dabei kam dann natürlich der Schlaf etwas zu kurz. Allerdings ist es unglaublich, welch motivierende Nachrichten ich in dieser Zeit auf Instagram bekommen habe. Leute, die einem sagen, dass ich mit meinen Zeichnungen den Lockdown ein bisschen erträglicher mache und dass man die neuen Zeichnungen kaum noch erwarten könne. Jetzt, wo sich das Ganze dem Ende neigt, fragen die Leute, ob ich aufhöre.

Und tust du es?
Nein. Inzwischen gehört es zu meinem Leben dazu. Ich bin gespannt, wie es sich anfühlt, wenn ich nicht mehr jeden Tag etwas posten muss. Am Anfang fehlt mir wahrscheinlich sogar etwas, aber ich mache definitiv weiter – nur ohne den Druck, jeden Tag posten zu müssen.

Tag 226 der Challenge zeigt dich an deinem Arbeitsplatz mit verbundenem Arm und ein “Out of Order”-Schild. Was war da denn eigentlich los?
Wenn meine Tochter im Kindergarten ist, arbeite ich an meinen Aufträgen. Wenn sie abends schläft, zeichne ich meistens nochmal bis 3 Uhr nachts für Instagram und andere Projekte. Manchmal kommen so am Tag 10 Stunden reines Zeichnen zusammen. Das kann leider kein Arm auf Dauer mitmachen. Durch die Challenge und dazu das neue Business aufbauen, war ich total übermotiviert und habe aus den Augen verloren, dass das kein gesundes Pensum mehr war. Ich habe also eine schlimme Sehnenscheidenentzündung bekommen und konnte meine Hand nicht mehr bewegen. Ich musste lernen, auf gesunde Art zu zeichnen. Das war schwer für mich und ein Prozess. Wenn ich etwas tue, tue ich es mit Herzblut und vergesse dabei oft, dass es zu viel ist. Ich konnte ein paar Wochen nicht zeichnen, wodurch plötzlich mein Einkommen wegfiel. Seitdem bin ich besser strukturiert und arbeite gesünder.

Wovon wirst du inspiriert?
Inspirieren tut mich wirklich alles, auch wenn das echt lächerlich klingt. An Ideen scheitert es nie, sondern immer nur an der Zeit, diese umsetzen zu können. Die Zeit arbeitet immer gegen mich (lacht). Ich habe eine Liste, auf der ich Ideen immer schnell aufschreibe, wenn mir was in den Sinn kommt. Ich sehe eine Idee immer sofort als Bild in meinem Kopf. Diese Liste wird immer länger und länger und wartet darauf, abgearbeitet zu werden.

Tag 12 widmest du der Künstlerin Frida Kahlo. Was verbindest du mit ihr?
Ich mag sie unglaublich gerne. Für mich verkörpert sie eine unglaublich starke Frau. Sie hat so viel Schlimmes in ihrem Leben erlebt, daraus aber diese unglaubliche Kraft geschöpft und den Schmerz in Kreativität umgewandelt. Das finde ich unglaublich faszinierend und es ist – zumindest in Teilen – auf die Corona-Zeit übertragbar. Wenn einen die Pandemie frustriert und man total ausgelaugt ist, sich aber trotzdem motiviert, den Hintern hochzukriegen. Ich möchte unbedingt einmal in das Casa Azul, also Frida Kahlos Wohnhaus. Es ist heute ein Museum.

Diese Collage ist Janinas Beitrag zur #faceyourartchallenge auf Instagram. Man gibt der eigenen Kunst wortwörtlich ein Gesicht.
Janinas Beitrag zur Challenge #savetember2020. Inhalt: erschütternde Themen und Motive, die wachrütteln sollen. Wie hier die Verschmutzung der Meere.

Hast du eine Lieblingsillustration in deiner Challenge?
Das ist natürlich eine schwierige Frage. Was ich über das ganze Jahr hinweg gemerkt habe ist, dass sich mein Stil verändert. Man wird besser, wenn man so viel zeichnet. Wenn ich die ersten Zeichnungen mit den jetzigen vergleiche, hat das schon eine ganz andere Qualität. Deswegen ändern sich meine Lieblingsillustrationen auch immer wieder. Ich lasse in meine Zeichnungen viel Autobiographisches einfließen, z.B. aus dem Alltag mit meiner Tochter. Ich zeichne öfter eine Mutter mit ihrem Kind, die sehen uns schon etwas ähnlich. Das sind meine Lieblingsillustrationen, weil sie eine gewisse persönliche Geschichte erzählen. Aber ich mag auch die Serie mit den berühmten Persönlichkeiten gerne. Die ist eigentlich auch von Frida Kahlo inspiriert, weil das die erste berühmte Person war, die ich gezeichnet habe. Auch Schüler*innen lieben diese Zeichnungen, man kann sie nicht früh genug an inspirierende Menschen heranführen. Dazu kommt sehr positives Feedback aus den Schulen, die mit meinen Illustrationen berühmte Persönlichkeiten oder starke Frauen vorstellen.

Mädelszeit bei Janina und ihrer Tochter bedeutet: Haare flechten. Kleider probieren. Nägel lackieren. Spiele spielen. Popcorn essen.
Eigentlich hätte Janina am 3. Juni 2020 geheiratet, allerdings war da ja... Corona.

Hast du schon eine Idee für den letzten Tag der Challenge?
Mir schwirren schon einige Ideen im Kopf herum, die muss ich allerdings noch in Form bringen.

Janina, wir sind schon gespannt, vielen Dank für das Gespräch

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