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Auf Robinson Crusoes Spuren
Wie ist es, auf einer einsamen Insel vor der Küste Panamas ums Überleben kämpfen zu müssen? Das bekam der Lentinger Gerhard Liebchen nun am eigenen Leib zu spüren.
Die größte Gefahr waren wir für uns selbst. Wenn wir hungrig, durstig und erschöpft waren, dadurch immer unkonzentrierter wurden und schließlich Gefahren nicht mehr richtig einschätzen konnten.
Gerhard Liebchen
Seine Abenteuerreise startet spektakulär: mit einem Sprung aus dem Hubschrauber vor der Isla Gibraleón mitten im Golf von Panama. Schwimmend geht es zum Strand, alle Annehmlichkeiten des Alltags sind verloren.
Im Gegensatz zu Robinson Crusoe ist Gery, wie ihn alle nennen, also kein Schiffbrüchiger – und er ist auch nicht alleine auf der Insel. 13 weitere Männer und Frauen stürzen sich an seiner Seite ins Abenteuer. Die ersten fünf Tage stehen ihnen zwei Survival-Experten zur Seite. Von ihnen lernen sie alles, was sie in den restlichen sechs Tagen zum Überleben brauchen werden. Wie fertigt man einen Feuerbogen? Wie entsteht selbst aus nassem Holz ein wärmendes Lagerfeuer? Welche Pflanzen und Tiere sind essbar, von welchen sollte man lieber die Finger lassen? Eines sei gesagt: satt sollte Gery auf der Insel nicht werden. In der fünftägigen Ausbildungsphase wurde der Körper langsam daran gewöhnt. Drei Suppenlöffel Porridge zum Frühstück am ersten Tag, mittags und abends je zwei kleine Burritos. Am letzten Tag: 1 Löffel Porridge zum Frühstück und je ein kleiner Burrito mittags und abends. Alle Arbeiten, die Errichtung des Camps, das Suchen des Feuerholzes und vieles mehr, mussten natürlich auch ohne hohe Kalorienzufuhr gestemmt werden.
Nachdem sie von den Survival-Experten die wichtigsten Überlebensfähigkeiten gelernt hatten, waren die Hobby-Abenteurer knapp eine Woche ganz auf sich allein gestellt und wechselten den Strand, um dort ihr eigenes Camp zu errichten. „Im Großen und Ganzen gab es nicht viel zu essen“, erinnert sich Gery. Einen einzigen Fisch fing die Gruppe in dieser Zeit – und der wollte auch noch durch 14 Köpfe geteilt werden.
Kokosnüsse waren da schon etwas einfacher zu fangen, aber auch da war Vorsicht geboten: „Eine Kokosnuss von der Palme zu holen ist sehr anstrengend – egal ob man hochklettert oder es mit einem fünf Meter langen Bambusstab, der verdammt schwer ist, versucht“, erklärt der 29-Jährige. „Ohne Essen wird der Körper schwach und ist selbst nach kleinsten Arbeiten komplett erschöpft.“ Man müsse sich immer fragen, ob die Energie, die man zur Nahrungsbeschaffung aufwendet, gerechtfertigt ist für das, was man am Schluss zurückbekommt. „Sonst verhungert man beim Arbeiten.“ Nicht mehr als 200 kcal hat er schätzungsweise täglich zu sich genommen – und 6 kg Körpergewicht in 11 Tagen verloren. Andere Teilnehmer haben ein oder zwei Tage auch mal gar nichts gegessen.
Immerhin: die Wasserbeschaffung gestaltete sich recht unkompliziert. Wasser kam nämlich in Hülle und Fülle von oben. „Das größte Problem für mich war, dass man immer nass ist.“ Zwar trocknete die Gruppe ein Set ihrer Kleidung permanent über dem Lagerfeuer, aber vor allem nachts dauert es nicht lange, bis man wieder komplett durchnässt ist – entweder weil sich die hohe Luftfeuchtigkeit niederlegt oder es regnet und stürmt. „Man wacht um 3 Uhr auf und merkt, wie einem das kalte Regenwasser ins Genick und in den Schlafsack läuft. Die ersten Tage waren sehr schwer.“
Eine besonders wilde Nacht erlebt die Gruppe, als sie der Ausläufer eines Tropensturms erwischt. „Du denkst, dir wird das Dach weggerissen. Unter der Hängematte bilden sich regelrechte Flüsse. Teilweise wurde unsere Ausrüstung mitgerissen und die Feuerstelle weggeschwemmt. Der Donner war so laut, dass ich nicht wusste, ob der Blitz neben mir einschlug, wir wurden die ganze Nacht aus dem Schlaf geschreckt. Fallen gleich Äste auf mich? Es war wirklich ein extremer Sturm. Und besonders schlimm: Man kann nirgends hin, weil man nunmal mitten im Dschungel in einer Hängematte liegt. Ich träumte sogar davon, am nächsten Tag ins Flugzeug nach Hause zu steigen.“ Aber Gery, der bereits eine Tour quer durch die Sahara absolvierte (s. espresso 08/2022), liebt das Abenteuer und er fordert sich gerne. „Du wolltest das so, also machst du es auch“, sagt er sich am nächsten Morgen. Nach wenigen Tagen gewöhne man sich dann auch an die ewige Feuchtigkeit.
Bilder oben: Lattenrost aus Bambusstäben, Matratze: Fehlanzeige. Ist genauso unbequem, wie es klingt. Die abgefallene Palmwedel machen es nur ansatzweise besser. Der Wäschekorb (m.) und die Plastikstühle (li. u.) wurden angeschwemmt und sind Zeugen globaler Umweltverschmutzung. Über dem Feuer werden die Klamotten getrocknet.
Weitere Strapazen auf der einsamen Insel: hunderte Moskitostiche. Immerhin die kleinen Plagegeister mussten nicht hungrig ins Bett steigen. Doch die größte Gefahr in Ausnahmesituationen ist der Mensch für sich selbst. Das bekam auch einer der Abenteurer zu spüren, als er sich durch Unachtsamkeit eine Machete ins eigene Bein schlug. Resultat: eine klaffende Fleischwunde. Besonders schwierig in Gebieten mit hoher Luftfeuchtigkeit durch die damit verbundene schlechte Wundheilung. Eher harmlos dagegen: Halloweenkrabben, die einem nachts schonmal in den Zeh zwicken.
Vor Giftschlangen musste sich die Gruppe nicht fürchten. Stattdessen gibt es Würgeschlangen wie die Boa Constrictor und die Brasilianische Wanderspinne auf der Insel – ihr Gift reicht, um einen Menschen zu töten. Zweimal am Tag mussten sich die Abenteurer per Satellitentelefon bei den Organisatoren melden. Nachts ist es immer laut, überall knackt es und alles bewegt sich, wenn dutzende Einsiedlerkrebse – zum Teil faustgroß – über den Boden krabbeln.
Trotz aller Herausforderungen gab es natürlich auch viele schöne Momente. „Als Hobby-Botaniker faszinierte mich die unberührte Dschungelwelt und der Frieden, den sie mit sich bringt. In ihr zu leben war etwas unglaublich Beruhigendes. Uralte Bäume, die überzogen waren mit Orchideen und überall wachsen Pflanzen, die es bei uns nur im Baumarkt oder in Gartencentern gibt“, sagt Gery. „Oberste Prämisse war, so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen. Wenn jeder einen Baum fällt oder Palmwedel abschneidet, ist bald nichts mehr da. Das würde auch die falsche Botschaft senden, wenn wir uns wie die Axt im Walde verhalten.“ Die Umweltverschmutzung war darüberhinaus nicht einmal auf einer einsamen Insel wie der Isla Gibraleón zu übersehen. „Strände wie im Reisekatalog, aber voll mit Müll. Hauptsächlich Flipflops und Crocs schwemmte es an – und PET-Flaschen, Öl-Kanister und Plastikstühle.“
Würde er das gleiche Abenteuer nochmal durchleben wollen? „Definitiv nein. Gerade habe ich die Schnauze voll, was Feuchtigkeit betrifft“, lacht Gery. „Aber trotz aller Strapazen hätten wir kein besseres Team finden können. Die Gruppenharmonie war unglaublich, wir haben kein einziges mal gestritten, egal wieviel Hunger wir hatten oder wie erschöpft wir waren. Jeder hat seinen Teil beigetragen. Das hat die ganze Erfahrung nochmal um einiges schöner gemacht. Ich grüße daher das gesamte Team und bedanke mich auch bei den Leuten, die mich in der Zeit zuhause unterstützt haben.“
Am letzten Tag wurden alle mit einem Boot abgeholt und noch am Strand der Isla Gibraleón mit einem Softdrink und einer Banane versorgt. „Wenn sich der Zucker und die Energie im Körper breitmacht, merkt man direkt, wie die Moral steigt.“ Das absolute Glücksgefühl wurde noch durch ein besonderes Spektakel begleitet: „Wir sahen eine Buckelwal-Mutter mit ihrem Kalb. Das Kalb sprang immer wieder aus dem Wasser. Ein absolutes Wunder der Natur und ein genialer Moment zum Abschluss.“
Das letzte Abenteuer wird es wohl nicht für Gery gewesen sein. Einige Ideen hat er schon. Mit dem Pferd durch die Mongolei oder Seite an Seite mit den Ureinwohnern Indonesiens? Noch hat er sich nicht entschieden.
Mehr von Gery auf seinem Instagram-Kanal @scapeandfight
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