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Markus Meyer: CSU-Stadtrat und Spitzenkandidat der Jungen Union
Markus Meyer möchte zusammen mit seiner jungen Liste vor allem die “soften” Themen in Ingolstadt bearbeiten, die die CSU-Führung seiner Meinung nach in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt hat.
Markus, du sitzt aktuell noch für die CSU im Stadtrat. Warum trittst du jetzt als Spitzenkandidat der JU an?
Die Jugendarbeit der CSU ist einfach unbefriedigend. Ich habe zwar damals selbst davon profitiert, dass die CSU immer einen Kandidaten der JU aussichtsreich auf der Wahlliste positioniert. Aber seitdem haben wir uns nicht mehr besonders wertgeschätzt gefühlt. Lange Zeit war es zum Beispiel so, dass die CSU, die vier Stellvertreter im Kreisverband hat, auch immer einen Stellvertreter von der JU aufgestellt hat. Darauf hat sie aber letztes Jahr bei den Neuwahlen verzichtet. Ich finde das äußerst negativ und ein schlechtes Signal gegenüber der JU, nicht mehr im engsten Vorstand der CSU vertreten zu sein. Das hat viel dazu beigetragen, dass wir uns vorgenommen haben, einerseits die Politik im Stadtrat zu verjüngen. Aber auch mittelfristig die Partei zu verjüngen. Wir wollen durch unseren Erfolg ein starkes Signal dafür setzen, junge Menschen stärker zu berücksichtigen.
Ihr wollt euch einerseits deutlich von der CSU abgrenzen, seid aber gleichzeitig ein Teil von ihr. Wie kann das funktionieren?
Das ist tatsächlich unser Problem in der öffentlichen Wahrnehmung, das wir vielleicht ein bisschen unterschätzt haben. Die Abgrenzung ist durch das geänderte Wahlrecht eigentlich ganz klar. Jugendorganisationen dürfen separat bei Kommunalwahlen kandidieren. Dabei ist alles strikt getrennt, sowohl die Aufstellung, die Finanzierung als auch die thematische Ausgestaltung.
Und wo ist die inhaltliche Abgrenzung?
50 Prozent unserer Kandidaten gehören keiner Partei ein, also auch der JU nicht. Wir wollten einfach möglich machen, dass junge Menschen, die sich keiner Partei verpflichtet fühlen, in einen Wahlkampf hineinschnuppern können. Wie es ist, ein politisches Programm aufzustellen, wie es ist, einen Wahlkampf zu führen, sich mit den Gegnern inhaltlich auseinanderzusetzen.
Was sind eure thematischen Schwerpunkte?
Wir haben unsere Themen danach gewählt, was in den letzten Jahren zu kurz gekommen ist. Wir würden dem amtierenden OB nicht in allem widersprechen, aber es ist vieles zu kurz gekommen. Gerade die soften Themen. Wie gastronomisches Angebot, wie der ewige Traum von Innenstadt und Donau. Das haben wir der CSU 2014 ins Programm geschrieben. Passiert ist bisher nichts. Deshalb wollen wir jetzt ein eigenständiges Mandat erringen, mit dem wir dann etwas bewirken können.
In einem anderen Interview sagtest du, dass ihr alte Strukturen in Ingolstadt aufbrechen wollt. Welche Strukturen sind damit gemeint?
Zum Beispiel Strukturen der politischen Mitwirkung in Ingolstadt. In unserem Programm schlagen wir vor, dass man die Bezirksausschüsse stärkt. Es ist einerseits gut, dass es die Bezirksausschüsse gibt in Ingolstadt, aber ihr Wirkungsgrad ist sehr beschränkt. Man sollte sie stärken, indem man die finanzielle Zuständigkeit stärkt. Indem man die Arbeit der Bezirksausschüsse professionalisiert. Unsere Idee ist es auch, dass man dadurch die politische Beteiligung junger Menschen stärkt und politische Partizipation vor Ort ankuppelt. Häufig wird uns vorgeworfen, dass wir als JU kein Jugendparlament einführen würden. Das ist ein reines Luftschloss. Man stellt ein Jugendparlament hin und erwartet, dass die jungen Leute sich sofort zurecht finden und weitreichende Beschlüsse fassen. Pädagogisch wertvoll ist allerdings das, was ich im Stadtrat beantragt habe und was jetzt nach und nach umgesetzt wird. Das ist übrigens mit dem Stadtjugendring und dessen pädagogischer Expertise abgestimmt. Vorbild ist Regensburg, die aus den Stadtteilen beginnend Jugendpartizipation eingeführt haben und jetzt nach 15-20 Jahren ein zentrales Organ an politischer Mitwirkung, also ein Jugendparlament, geschaffen haben.
Was hältst du von anderen Jugendbewegungen wie Fridays For Future? Würdet ihr die auch gerne in der Politik sehen?
Anders als viele Hater, leider auch in der CSU, finde ich das, was sie machen, super. Gerade als politischer Mensch, der immer darauf schaut, welche Reichweite das eigene politische Impulsgeben hat, bin ich total begeistert davon, was die innerhalb der kurzen Zeit auf die Beine gestellt haben. Ich finde das Thema auch extrem wichtig und bin dankbar, dass sie es auf die Tagesordnung gesetzt haben. Aber sie sollten versuchen sich eine demokratische Legitimation zu holen. Das wird wahrscheinlich bei den Grünen sein. Vielleicht können aber auch die bürgerlichen Kräfte diese jungen Menschen überzeugen, dass mit technologischen Produkten deutlich größere Sprünge zu erzielen sind als durch die Abschaltung von ein paar Braunkohlekraftwerken in Deutschland.
Wird euch manchmal vorgeworfen, dass ihr für die Politik zu wenig Lebenserfahrung mitbringt?
Vor kurzem kam eine ältere Dame an unseren Infostand und hat sich unseren Kandidatenflyer angeschaut. Auf Platz 4 ist Sofie Nixdorf, daneben steht „Studentin“. Die ältere Dame hat gesagt, dass sie es nicht gut finde, dass bei uns Studenten kandidieren. Das finde ich allerdings einen Schmarrn. Erstens haben junge Menschen ganz andere Kompetenzen wie Kreativität, Inspiration, Mut, Geschick und auch thematisches Wissen. Sofie ist zum Beispiel ein Aushängeschild des Sports und des Leistungssports im Besonderen, was für uns ein extrem wichtiges Thema ist. Sie kann über Sport und Sportpolitik bestimmt mehr sagen als der Großteil des amtierenden Stadtrats.
Ich sehe es eher genau anders herum. Wir haben uns ausdrücklich beworben als Gruppierung für junge Berufstätige. Denn wir sehen, dass ein großer Teil des Stadtrats schon deutlich aus dem Berufsleben herausgeht. Das nervt mich auch bei den OB-Kandidaten sehr. Die Hälfte geht keiner vollen Erwerbstätigkeit mehr nach. Das widerspricht meiner Ansicht nach dem Prinzip des Ehrenamtlichen Stadtrats. Es sollte so ausgestaltet sein, dass man es nebenbei macht und seine aktuellen beruflichen Erfahrungen einbringen kann. Aber, dass man dann junge Leute herabwürdigt, während sich ältere ein System geschaffen haben, von dem sie gut leben, das finde ich sehr fragwürdig.
Ist es denn möglich, eine vernünftige Arbeit im Stadtrat zu leisten, wenn man hauptberuflich etwas anderes macht?
Genau das wollen wir beweisen. Ich finde die Vorstellung furchtbar, dass es nur noch ein Seniorenparlament wäre. Es sollte doch das Ziel von Kommunalpolitik sein, dass man Leute aus der Mitte der Gesellschaft im Stadtrat versammelt hat. Deswegen werden wir auch dafür plädieren, dass man die Aufwandsentschädigung deckelt. Weil es eben kein Anreiz sein soll, dass man aus der Stadtratstätigkeit ein Geschäftsmodell macht.
Ihr wollt unter anderem auch das Klima im Stadtrat verbessern. Wie soll das gelingen?
Wenn man alte Streithähne ersetzen würde, dann würde das definitv eine Erfrischung bringen. Aber man kann tatsächlich auch an strukturelle Sachen herangehen. Ich fände die Idee einer Redezeitbeschränkung sehr vernünftig. Dann ist dem System von sinnlosem Gegenreden endlich ein Ende gesetzt. Weil sich die Wortmeldungen sehr häufig nur um die Frage drehen, wer etwas zuerst gesagt hat.
Reicht das? Oder muss es auch personelle Änderungen geben?
Natürlich hängt auch vieles an der Sitzungsleitung. An der Art und Weise, wie Themen bearbeitet werden. Wie sie zurückgespielt werden. Da sind sicherlich auch die Mehrheitsfraktionen gefragt, im Vorfeld stärker auf die Oppositionsfraktionen zuzugehen. Von mir stammt einer von ganz wenigen fraktionsübergreifenden Anträgen. Dabei ging es um einen Zuschuss für den Verein Wirbelwind, der sich um Opfer von sexueller Gewalt in Ingolstadt kümmert. Ich habe ihn mit Petra Volkwein von der SPD in einem seltenen übergreifenden Dialog erarbeitet. Solche parteiübergreifenden Gespräche bräuchte es öfter. Wenn man Themen vorher bespricht, dann gäbe es weniger Zündstoff in vielen Belangen.
Warum gibt es solche parteiübergreifenden Gespräche nicht öfter?
Das liegt dann wieder an den einzelnen Personen. Weil der eine nicht mit dem anderen reden will. Weil ein großes Misstrauen herrscht. Weil man glaubt, dass vieles an die Presse durchgestochen wird.
Ist das ein Ingolstädter Phänomen?
Ich glaube, dass es das überall gibt. Vor allem auf kommunaler Ebene, weil man sich auch häufig begegnet. Auf anderen höheren professionelleren politischen Ebenen wie dem Bundestag ist diese Auseinandersetzung viel ritualisierter, da gehört es dazu, dass man sich auch mal fetzt, um sein Klientel zu bedienen. Im Stadtrat ist das aber schon ernst und persönlich gemeint, wenn es da zur Sache geht.
Die Opposition ist sich einig, dass die eigene Liste der JU eine Tarnliste zur Stärkung der CSU im Stadtrat ist. Was sagst du zu den Vorwürfen?
Wir haben 50 Kandidaten. Die allermeisten haben mitgearbeitet, ein politisches Programm aufzustellen, das in manchen Bereichen wirklich von der Intensität und Wertigkeit das etablierter Parteien übersteigt. 50 Leuten, von denen 50 Prozent nicht einmal einer Partei angehören, zu unterstellen, das Duo Lösel und Wittmann an der Macht halten zu wollen, das ist für mich derart lächerlich und auch herabwürdigend, dass es eigentlich keiner weiteren Begründung bedarf. Interessanterweise kommt dieser Vorwurf von Leuten, die ständig fordern, junge Leute muss man stärken, in die Poltik bringen. Wenn aber dann mal eine junge Liste antritt, kommen sie mit solchen Vorwürfen.
Kannst du den Vorwurf nachvollziehen?
Natürlich gibt es thematische Parallelen zur CSU. Wir sind zum Beispiel auch der Meinung, dass man zuerst die bürgerlichen Kernthemen bespielen muss, bevor es an die soften Themen geht: Arbeitsplatzerhaltung, Wirtschaftsförderung, Stärkung der Infrakstruktur. Also Geld erwirtschaften, bevor man es dann für schöne Sachen ausgibt. Wir haben auch einige Kandidaten, die starke Sympathien für die CSU haben. Wir haben aber genau so viele, die aktiv aus der CSU ausgetreten sind oder nie mit der CSU in Berührung gekommen sind oder auch niemals der CSU beitreten würden. Gedanklich kann ich den Vorwurf herbeiführen, aber ich widerspreche vehement, weil unsere Motivation es ist, uns ausdrücklich abzusetzen.
Welche Koalitionen kannst du dir vorstellen, wenn ihr es in den Stadtrat schafft?
Wir sind eine junge bürgerliche Nachwuchskraft und werden mit Sicherheit mit diesem Spektrum ah ehesten zusammenarbeiten können. Wobei grundsätzlich parteiübergreifender gearbeitet werden sollte. In den Fragen, in denen das möglich ist. Es gibt natürlich andere Themen, bei denen bestimmte Gruppierungen aufgrund ihrer ideologischen Prägung unterschiedlich ticken. Ich würde dem OB zum Beispiel niemals widersprechen bei seiner Wirtschaftsförderungsstrategie. Den vielen Bedenkenträgern würde ich sagen, dass das gut für die Zukunft ist.
Bleibt bei der wirtschaftspolitischen Ausrichtung der JU noch Platz für Umweltschutz?
Wir setzen uns dafür ein, dass Nachhaltigkeit über technologischen Fortschritt erlangt werden muss. Und nicht über Restriktionen. Wobei ich als kommunalpolitischer Bewerber mich auf den kommunalpolitischen Handlungsrahmen zur Nachhaltigkeit beschränken will.
Was kann man hier in Ingolstadt verändern?
Nachhaltigkeit sollte mit Erleben verbunden werden. Da grenzen wir uns klar von der CSU ab. Wir wollen einen klar definierten 2. Grünring als landwirtschaftlichen Nutzraum, aber auch als landschaftlichen Erholungsraum, also als Naherholungsgebiet. Nicht als abgeschlossenes Schutzgebiet. Wir sind der Meinung, dass man die Landschaft nicht der Bevölkerung entziehen kann. Denn dadurch untergräbt man die Toleranz für Nachhaltigkeit und Natur. Wir haben mit dem Glacis ein unberührbares Band im Ingolstädter Kern. Das gleiche können wir, wenn wir noch Flächen aufkaufen und Flächen miteinander verbinden, in einem viel größeren Maßstab anlegen. Aber so, dass man noch reingehen und die Natur dort erleben kann.
Bist du gerne in der Natur?
Ja klar. Ich komme aus Gerolfing. Wir haben mit dem Eichenauwald die geilste grüne Lunge der ganzen Region. Mein favorisiertes Laufgebiet ist dort, wir haben im Schaffiersee gebadet. Es wäre doch furchtbar, wenn man den Wald abschließen würde.
Und die Wirtschaft muss sich auf den übrig bleibenden Raum beschränken. Ist das auf lange Sicht einzuhalten?
Der Auwald muss unberührt bleiben, da ist Schluss. Ich habe mich schon immer äußerst deutlich gegen die von den Freien Wählern seit 10 Jahren aufgeworfene Forderung nach der Donauquerung ausgesprochen. Da müssen für den Verkehr andere Lösungen gefunden werden. Es ist für mich ein absolutes No-Go, dass man da den Auwald anfasst.
Danke für das Gespräch, Markus.