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Raue Schönheit
Der Norden Spaniens bietet neben traumhaften Stränden auch atemberaubende Bergwelten und tolle Städte – ein Reisebericht unserer Redakteurin Sabine Kaczynski.
Teil 1 – Von Hondarribia bis A Coruña
Etwa zweieinhalb Fahrtage durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich sowie etwa 160 Euro Vignette- und Mautgebühren muss man für die rund 1600 Kilometer bis zu unserem ersten Stopp an der spanischen Grenze einplanen. Hondarribia ist ein sehr hübscher Ort mit mittelalterlichem Kern, wo wir einen überraschend guten und sehr günstigen lokalen Weißwein, den Txakolí, probierten, bevor wir mit unserem WoMo Kalle den Berg Jaizkibel hochschnauften. Vorbei an der Wallfahrtskapelle zu Ehren der schwarzen Madonna von Guadalupe gelangten wir bis zum Panoramaparkplatz, der einen einzigartigen Ausblick auf die umliegenden Hügel und die im Tal befindlichen Orte bis hin zum Meer bietet und sogar zum Übernachten genutzt werden kann. Unser nächster Halt führte uns nach Gernika, wo wir das bekannte Mural, Picassos „Guernica“ auf Fliesen in Originalgröße, und das örtliche Freiheitssymbol – eine alte Eiche – anschauten sowie in der Markthalle Käse, Fladenbrot, Chirozo vom Hirsch und einen Txakulí kauften. Weiter ging es über kurvige Autobahnabschnitte, die wie Achterbahnen rauf und runter gingen, bis nach Gaztelugatxe. Die kleine Insel ist über eine steinerne Brücke mit dem Festland verbunden, man muss 241 Stufen (wir haben mitgezählt – es stimmt!) erklimmen, bis man an dem ehemaligen Kloster angekommen ist. Die Location dürften „Game of Thrones“-Fans als „Festung Drachenstein“ erkennen – und die Aussicht auf Festland und Meer ist gigantisch! Am Spätnachmittag machten wir uns auf zu unserem Übernachtungs-Stellplatz, der einen umwerfenden Blick auf Bilbao und eine gute Busverbindung in die Stadt bot. Zunächst erkundeten wir die „Siete Calles“, wie die Altstadt genannt wird. Die hohen Häuserzeilen mit ihren hübschen Balkonen und den Läden im Erdgeschoss sind wunderschön – wir konnten uns gar nicht sattsehen. Gegen Mittag zog es uns in den „Mercado de la Ribera“, die riesige Markthalle, in der es eine unglaubliche Auswahl an Fisch, Fleisch, Obst, Gemüse und süßen Leckereien gibt. Wir haben uns dort mit den typisch baskischen „Pintxos“ (vergleichbar mit den spanischen Tapas) und einer Flasche Sidra gestärkt, bevor wir das Guggenheim Museum besuchten. Schon von außen ist das Gebäude mit seinen geschwungenen Linien und dem schimmernden Baumaterial ein echter Hingucker, die berühmten Skulpturen, etwa der 13 Meter hohe, mit Blumen bedeckte Terrier oder die neun Meter hohe Spinne „Maman“ sind mindestens genauso sehenswert. Im Inneren bestaunten wir Architektur und Werke: Wen moderne (Video-)Kunst, Installationen & Co. interessieren, kann dort leicht einen ganzen Tag verbringen. Definitiv ein Must-see!
An der örtlichen Bäckerei konnten wir natürlich nicht vorbeigehen, ohne eine "Quesada pasiega" mitzunehmen! Schmeckte sehr süß, aber durchaus lecker!
Am nächsten Morgen verließen wir das Baskenland und machten uns auf den Weg nach Kantabrien zum Museum von Altamira. Die gleichnamige steinzeitliche Höhle mit ihren zahlreichen Malereien wurde 1868 entdeckt. Nachdem riesige Touristenströme die einzigartigen Höhlenmalereien gänzlich zu zerstören drohten, wurde die Höhle 1979 für die Öffentlichkeit geschlossen und 1998 auf einer Fläche von rund 1500 qm originalgetreu nachgebaut. Das zugehörige Museum informiert über das Leben der Menschen, die die Höhle einst bewohnten, und beleuchtet die Entwicklung der Höhlenmalerei und der verwendeten Techniken und Farben – kurzweilig und interessant. Ein Film führt im Anschluss in die Thematik ein, bevor man die „neue Höhle“ ausgiebig bestaunen kann. Beeindruckt kurvten wir weiter bis nach Santillana del Mar, einem kleinen Ort mit Mittelalterflair. Zahlreiche Läden laden zum Bummeln und Shoppen ein und wie schon das eine oder andere Mal zuvor, begegneten uns auch hier Pilger, die dem Jakobsweg folgen. Wir besichtigten den sehenswerten Kreuzgang, dessen Säulen kunstvoll verzierte Kapitelle tragen, und die Stiftskirche Santa Juliana, in der die Reliquien der Heiligen ruhen. An der örtlichen Bäckerei konnten wir natürlich nicht vorbeigehen, ohne eine „Quesada pasiega“ – dieser Käsekuchen ist eine kantabrische Spezialität – mitzunehmen! Schmeckte sehr süß, aber durchaus lecker! Das nächste Ziel unseres Roadtrips war der Parque Natural de Oyambre, wo wir mit Kalle auf einem hübschen Campingplatz mit Zitronen- und Orangenbäumen standen. Bei schweißtreibenden Temperaturen machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Strand, wo viele Surfer die Wellen nutzten, bevor wir am frühen Abend nach Comillas radelten, wo wir nach einem kurzen Stadtbummel das Landhaus „El Capricho de Gaudí“, das – wie der Name bereits vermuten lässt – von Antonio Gaudí für den Geschäftsmann Don Máximo Díaz de Quijano entworfen wurde, besichtigten. Die verspielte Villa mit ihren bunten Keramikkacheln mit Sonnenblumen ist hübsch anzusehen – der Eintritt mit 7€ pro Nase aber etwas zu hoch. Am Abend wollten wir zum Essen gehen, doch selbst um 21 Uhr hatten die Restaurants noch nicht geöffnet, sodass wir, um mit den Rädern noch bei Tageslicht am Campingplatz anzukommen, den Rückweg antraten. In der dort angegliederten Gastronomie aßen wir ein erstaunlich leckeres und dazu noch günstiges Menü mit Pulpo, Fisch, Zitronenmousse und Wein. Apropos Essen: Überall in Nordspanien gibt es eine riesige Auswahl an wirklich guten Fisch- und Meeresfrüchte-Konserven, die auch von den Einheimischen gerne gekauft und sogar in der Gastronomie – etwa für die Pintxas im Baskenland – verwendet werden. Wir haben eine ordentliche Auswahl mit nach Hause genommen.
Das Essen in Kalle schmeckte nach zwei Duschen - erst vom Regen, dann im WoMo - doppelt gut!
Am nächsten Tag stand Wandern im Gebiet der „Picos de Europa“ auf dem Programm. Nachdem wir unsere zunächst ausgewählte (in der prallen Sonne liegende) Route aufgrund der Hitze nicht einschlugen, brachen wir erst am frühen Abend bei noch immer hohen Temperaturen auf. Wir wollten ins Bergdorf Bulnes wandern und den Rückweg mit der letzten Zahnradbahn zurücklegen. Obwohl wir völlig verschwitzt ankamen, lohnte sich der Weg: Grandiose Ausblicke, eine herrliche Berglandschaft und die malerische Schönheit des kleinen Bergdorfs entschädigten zuhauf für die Plackerei – und ein kühles Getränk in der einzigen geöffneten Bar ließ die Anstrengungen obendrein vergessen. Unsere Fahrt ging weiter nach Cangas de Onís, wo wir zunächst die rund 100 Stufen zur „Santa Cueva“ hochstiegen. In der Grotte befindet sich eine Marienkapelle, der Zugang führt durch einen Felsengang, der durch die Opferkerzen mystisch beleuchtet wird. Das Marienbildnis ist liebevoll geschmückt, der Bereich außen herum mit Blumen überhäuft. Die Basilika ist ebenfalls sehenswert, auch ein Bummel durch das kleine Örtchen lohnt sich. Uns gefiel vor allem die römische Brücke – und dass die örtliche Punkrockband „Mala Reputación“ überall gehypt wurde. Nachdem wir uns noch ein spätes Mittagessen gegönnt hatten (der asturische Bohneneintopf war sehr lecker!), fuhren wir weiter nach Colunga, zur „Küste der Dinosaurier“. Leider kann man die dort befindlichen Fußabdrücke der Urzeit-Riesen nur mit viel Mühe erkennen. So hinterließen wir selbst noch ein paar Fußspuren im Sand, bevor uns der nächste Halt wieder in eine neue Region brachte – nämlich nach Galicien. Wir fuhren zunächst Ribadeo an, ein lebhaftes Städtchen mit prachtvollen Häusern mit den typischen Glasbalkonen und vielen Geschäften, Cafés, Bars und Restaurants. Als kleinen Snack zwischendurch gönnten wir uns köstliche Empanadillas, die mit Bonito, dem in Nordspanien beliebten Thunfisch, gefüllt waren.
Danach ging es mit Kalle wieder auf die Straße zu unserem nächsten Stellplatz unweit der „Playa de las Catedrales“, einem Strandabschnitt mit Felsformationen, die an Kirchenfenster erinnern. Die etwa sechs Kilometer radelten wir – und gerieten leider in den galicischen Regen. Die „Kathedrale“ war trotzdem schön und das Essen in Kalle schmeckte nach zwei Duschen – erst vom Regen, dann im WoMo – doppelt gut. Am nächsten Morgen brachen wir auf nach Cervo, wo sich die bekannte Keramikmanufaktur Sargadelos befindet. Schon das Gebäude hat einiges zu bieten: Es gibt einen (leeren) Swimmingpool mit Kuriositäten, auch sonst sitzen überall Skulpturen herum – man kann vieles entdecken! Noch besser war allerdings, dass man die komplette Fertigungshalle besichtigen und den Beschäftigten bei jedem Schritt über die Schulter sehen konnte – vom Guss über die Bemalung bis zum Brand. Faszinierend – und für Hobbykünstler wie mich ein Traum! Natürlich mussten danach ein Krug in Fischform und eine Auflaufform gekauft werden. Weiter ging es nach Viveiros, wo wir – leider bei Regen – die historischen Stadttore bewunderten sowie in einem Kreuzgang finstere Gestalten einer Franziskaner-Bruderschaft mit gruseligen Kapuzen entdeckten. Wir ergriffen die Flucht, machten lieber einen Zwischenstopp an einem Muschelstrand (wir haben eine ganze Tüte voll gesammelt!) und fuhren schließlich zur „schönsten Bank der Welt“, wie die Sitzgelegenheit oberhalb einer malerischen Bucht genannt wird. Übernachtet haben wir in Espasante, wo wir einen nicht weniger hübschen Stellplatz direkt am Hafen fanden.
Am nächsten Morgen steuerten wir Serra da Capelada an, wo wir Kalle auf einer Hochebene parkten, von der aus wir zu einer Wanderung aufbrachen. Obwohl schon Mittagszeit, waberte noch der Nebel über den Wiesen und tauchte die Landschaft in ein mystisches Licht – kein Wunder, dass es in dieser Region von Legenden und wilden Geschichten nur so wimmelt. Ein auf einem Ast platzierter Knochenschädel einer Kuh tat sein Übriges, um das spooky Feeling zu verstärken. Bei unserem Zwischenziel – der Wallfahrtskapelle Santo André de Teixido – hatte sich der Dunst jedoch verzogen und die Sonne strahlte wieder. Wir setzten unseren Trip am folgenden Tag in A Coruña fort, parkten Kalle auf dem geplanten Übernachtungsplatz und radelten in die Stadt. Das ging absolut super, weil es in der Hafenstadt eigens angelegte und markierte Radwege und sogar Jogger-Spuren gibt. Wie schon in einigen Städtchen zuvor, bestechen auch in A Coruña die wunderschönen Glasbalkone, teilweise gab es sogar ganze Glasfronten an den Häusern. Ob historische Kirchen, Plätze mit berühmten Figuren wie Laurel & Hardy oder der Familie Feuerstein (deren Protagonisten hier Pedro und Pablo heißen), das Museo De Belas Artes mit Werken von Goya und regionalen Künstlern, der Torre de Hércules mit seinem Skulpturenpark, unser Mittagssnack (natürlich Pulpo!) oder der Drink am Spätnachmittag – wir genossen alles, auch wenn uns zeitweise der starke Wind ganz schön durchgepustet hat.
Fortsetzung folgt.
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