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Bloß keine Panik!

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Bloß keine Panik!

Jeder hat seinen Rucksack zu tragen. Das weiß auch Dagmar aus Ingolstadt und spricht deshalb öffentlich über ihre Panikattacken

Eine Real-Life-Story zum Muttertag über eine starke Frau und Löwen-Mama

Mama, Karrierefrau, Liebhaberin, Haushaltshilfe. Von Frauen wird vieles erwartet und auf ihnen lastet oft so einiges. Alles unter einen Hut zu bekommen ist möglich, aber wo ist da noch Platz für eigene Wünsche? Als Mama stellt man die eigenen Bedürfnisse nicht selten zurück. In den sozialen Medien wird einem nur das Bilderbuch vorgehalten, ein Märchen erzählt. Mamasein ist aber eben nicht immer nur wunderschön. Es ist harte Arbeit, die nicht mit Geld, sondern einer gelegentlichen Portion an Glücksgefühlen entlohnt wird.

Perfektion ist eine Illusion. Das weiß eigentlich jeder, denn jeder hat seinen Rucksack zu tragen. Jeder trägt auch wirre Gedanken und Ängste in diesem Rucksack herum. Die einen mehr, die anderen weniger. Bricht man sich ein Bein, dann erzählt man im Freundeskreis ausführlich eine Geschichte dazu und hält die Leute auf dem Laufenden, wie es einem geht. Über die eigene Dummheit, sich ein Bein zu brechen, wird laut gelacht. 

Wenn es aber um die Gesundheit der Psyche geht, wird es ziemlich schnell still. Über manche Dinge spricht man nicht. Es gilt schließlich eine Illusion aufrecht zu erhalten: Das Bild von einer glücklichen Familie oder einer ausgeglichenen Frau, die alles souverän meistert, genauso wie die beste Freundin, der Nachbar, der Arbeitskollege – nicht. So war es auch bei Dagmar aus Ingolstadt.

Dagmar wurde früh Mama. Mit 21 bekam sie ihr erstes Baby. Nicht zuletzt aus Rücksicht gegenüber den Kindern waren ihre Panikattacken für sie lange ein Tabuthema, über das sie mit fast niemandem sprach. Mittlerweile geht die 36-Jährige damit offener um. Denn sie weiß, dass sie nicht die Einzige in ihrem Umfeld mit psychischen Problemen ist. Sie teilt ihre Gefühle mit ihrer Familie – und sogar auf Instagram. Warum? Sie möchte damit auch anderen Betroffenen Mut machen, sich darüber auszutauschen und so durch einen Heilungsprozess gelangen. Ausschlaggebend für Dagmars Umgang mit der Krankheit war ein Fall in ihrem Bekanntenkreis.
„Du siehst diese scheinbar perfekte Person, die immer lacht, viele Freunde hat, einen guten Beruf und dann erfährst du, dass sie in die Psychiatrie eingeliefert wurde“,
erzählt Dagmar. Für die dreifache Mama war das ein Schlüsselerlebnis. Dagmar ist seit August 2021 wieder alleinerziehend. Ihr Sohn Yannic ist 15, Luca ist 8 Jahre und Lio kam im Dezember letzten Jahres zur Welt. Alleine die Situation ohne Unterstützung durch einen Partner würde viele Frauen schon an ihre Grenzen bringen.
„Ich habe es selbst beendet. Es hat einfach nicht gepasst.“
„Bevor ich mit Lio schwanger wurde, hatte ich so ziemlich wieder alle Freiheiten, die man sich so wünscht. Die zwei Großen waren selbstständig genug, so dass ich arbeiten und auch mal allein Shoppen oder ins Café mit Freunden gehen konnte. Viele Leute fragen mich, ob ich in der Schwangerschaft verlassen wurde. Nein, ich habe es selbst beendet, weil es nicht gepasst hat!“

Die Panikattacken haben bei Dagmar aber nicht zwingend etwas mit Überforderung durch ihre Familien-Situation zu tun. Die junge Frau ist schon seit der Realschule von Panikattacken geplagt. Die Ängste umfassen sämtliche Alltagssituationen wie Zug fahren oder Fliegen. „Es sind Situationen, in denen ich nicht komplett selbst entscheiden kann bzw. die Kontrolle habe. Manchmal sind es auch alltägliche Dinge wie Arzttermine. Da habe ich einfach Angst vor einer schlimmen Diagnose.“ Es geht hin bis zu Todesängsten. Die Panikattacken äußern sich bei Dagmar vielseitig: Von Schwindel, Kopfschmerzen und Herzrasen über Zittern, Müdigkeit bis hin zur Ohnmachtsangst.

„Man denkt in dem Moment: das war`s jetzt. Jedes Mal auf`s Neue. Danach ist man einfach nur erschöpft und müde.“

„Ich habe zum Glück kleine Anzeichen an denen ich sofort erkenne, dass eine Attacke ansteht. Ich lenke mich dann bewusst ab oder schaffe es mit ruhigem Atmen zu vermeiden.“ Dagmars Eltern stehen ihr zur Seite. Yannic und Luca übernachten hin und wieder bei den Großeltern, so dass auch Dagmar gelegentlich eine kleine Auszeit mit Lio hat. „Meine Familie ist eine riesen Unterstützung für mich. Meinen Alltag bewältige ich aber größtenteils allein mit meinen drei tollen Jungs.“ Durch die Krabbelgruppe mit Lio hat Dagmar viele Gleichgesinnte gefunden, die sie oft gar nicht alle unter einen Hut bringt. „Mittlerweile bin ich soweit, dass ich in diesen schlechten Momenten Kontakt suche, um nicht allein zu sein. Egal ob schnell am Telefon oder persönlich.“ Was ihr noch hilft, um sich wieder in eine positive Stimmung zu versetzen?

„Ich höre dann gern Musik, gehe raus an die frische Luft, die Natur ist die beste Medizin.“

Was der Auslöser für ihre Panikattacken war, kann weder sie sich noch ein Arzt erklären. „Trotz vielen Versuchen durch Gespräche etc. ist die Ursache unbekannt. Der Besuch bei Ärzten und Therapeuten hat mir nicht viel geholfen“, sagt sie. „Das muss ich ganz von allein schaffen“, davon ist Dagmar mittlerweile überzeugt. Betroffenen möchte sie dennoch Mut machen: „Schämt euch nicht. Ihr seid damit nicht allein. Sich mit anderen Betroffenen austauschen und darüber reden ist ein riesen Schritt in die richtige Richtung.“

Derzeit ist Dagmar in Elternzeit. Doch eigentlich möchte sie schon bald in Teilzeit wieder arbeiten. Ihr letzter Chef sitzt aktuell eine Haftstrafe ab. „Die Firma wurde geschlossen, ich suche also etwas Neues.“

Wenn ihr euch mit Dagmar vernetzen wollt, findet ihr sie auf Instagram unter dem Namen @sinalicious85

Warum Sina? „Ich wurde in jungen Jahren in einer Disco mit einer Dame aus einer Männer-Zeitschrift verwechselt, die diesen Namen trägt. Meine Freunde fanden es so amüsant, aber langsam stirbt der Spitzname aus“ (lacht).

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