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Warum nicht nach den Sternen greifen?
Der Ingolstädter Boxer Rawil Fatullaew erfüllt sich den Traum von der Profikarriere
Mit 31 Jahren den Schritt ins professionelle Box-Business zu wagen, ist ganz schön mutig. Der Ingolstädter Rawil Fatullaew hat sich trotzdem getraut – und bisher geben ihm die Erfolge recht. Drei Kämpfe, drei Siege lautet die bisher makellose Bilanz. Welche Zukunftspläne er schmiedet, was es mit seiner Modelkarriere auf sich hat, warum er sich „Sensei“ nennt und welches außergewöhnliche Hobby der Kampfsportler betreibt, verrät er im espresso-Interview.
Wie verlief deine bisherige Boxkarriere?
Ich habe mit 13 Jahren mit dem Sport begonnen, war danach im Amateurbereich unterwegs und habe mehrere Süddeutsche und Bayerische Meisterschaften gewonnen. Das Highlight meiner Laufbahn war sicherlich der Deutsche Vizemeistertitel der Junioren, den ich 2009 geholt habe. Nach meinem 18. Geburtstag habe ich acht Jahre lang keine Wettkämpfe bestritten, sondern nur trainiert – was familiäre und schulische Gründe hatte. In dieser Zeit war mein damaliger Trainer, mein Bruder, einige Jahre im Ausland und ich habe mich erst auf meinen etwas längeren Bildungsweg konzentriert. Denn ich habe nach der Hauptschule zunächst die Wirtschaftsschule und danach die FOS besucht und im Anschluss mein Studium in Internationalem Handelsmanagement absolviert. Erst vor der Coronapandemie habe ich wieder begonnen, Kämpfe auszutragen und dann auch im Herrenbereich den Bayerischen Meistertitel geholt.
Warum hast du dich jetzt für den Profisport entschieden?
Ich kenne mein Potenzial und glaube, dass ich noch mehr aus mir rausholen kann. Mental und körperlich befinde ich mich zudem gerade in der besten Zeit meines Lebens, deshalb hätte ich es bereut, wenn ich diesen Schritt nicht gegangen wäre.
Bist du im Augenblick nur als professioneller Boxer tätig?
Nein, ich habe seit 2019 mein eigenes Studio und bin dort weiterhin als Box- und Personaltrainer tätig, zudem arbeite ich in Teilzeit im Schlaflabor in Kösching, weil sich die Nachtschichten mit meinem Lifestyle als Profisportler gut vereinbaren lassen.
Was ist die größte Herausforderung im Profibereich?
Zum einen sind die Boxkämpfe deutlich härter und dreckiger. Vor allem aber ist der finanzielle Druck nicht zu unterschätzen. Egal ob Ticketverkauf, Trainer, Outfit, Marketing oder die Gage für den Gegner – wenn du keinen Promoter hast, musst du dich um alles selbst kümmern und selbst bezahlen. Das Risiko, den Kampf dennoch zu verlieren, trägst du natürlich trotzdem. Zum Glück habe ich in Ingolstadt schon einige Sponsoren gefunden, die mich unterstützen, sonst wäre der Schritt gar nicht möglich gewesen. Eine weitere Herausforderung ist es, das richtige Team zu finden, für mich ist es immens wichtig, dass es menschlich passt. Ein Trainer ist für mich wie ein zweiter Vater, dem ich hundertprozentig vertrauen können muss.
Wie wichtig ist mentale Stärke im Boxen?
Das ist wichtiger als alles andere. Egal wie fit du bist, wenn du mental nicht stabil bist, kannst du nicht abliefern. Ich habe zwar keinen Mentalcoach, mich jedoch lange mit Psychologie und Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt und viele Bücher dazu gelesen. Man muss sich genau den Dingen stellen, vor denen man Angst hat. Wenn man sich gezielt mit dem Thema befasst, kann jeder mentale Stärke erlernen.
Du bist neben dem Boxen auch als Model unterwegs – wie hat sich das ergeben?
Ich hatte eine Zeitlang eine eigene Sportmarke, die ich entsprechend promoten wollte und brauchte dafür gute Bilder. Diese erste Erfahrung mit Fotografen fand ich sehr cool und hab mich dann als Model versucht. Von Modeshootings bis zu Aufnahmen mit Zwergkaninchen war alles dabei und hat echt Spaß gemacht. Inzwischen betreibe ich das nicht mehr so aktiv, sondern nutze es eher, um Content für Social Media zu kreieren.
Welchen Stellenwert nehmen die Sozialen Medien bei deiner Boxkarriere ein?
Egal, ob du als Sportler an Bekanntheit gewinnen willst oder ein anderes Business aufbaust – ohne Social Media geht in unserer digitalen Welt nichts mehr. Wenn du erfolgreich sein willst, musst du dich auf Facebook, Instagram, TikTok & Co. professionell präsentieren, sonst erzielst du keine Reichweite. Das ist ein Teil der Arbeit, der zwar sehr aufwendig ist und manchmal auch nervt – aber schlicht dazugehört. Wichtig ist mir dabei, mich so zu zeigen, wie ich wirklich bin. Ich will authentisch bleiben, mich nicht verstellen und keinesfalls ein Bild von mir vorspiegeln, dem ich nicht entspreche. Wenn mich die Leute dann mögen, mögen sie mich – und wenn nicht, dann eben nicht. Lieber verzichte ich auf einen Teil der Reichweite als unehrlich zu sein.
Welche Rolle spielt die Ernährung als Profisportler?
Wenn man Leistung abliefern will, muss man sich entsprechend ernähren. Vor allem, wenn man als Boxer Gewicht machen muss, ist es notwendig, nicht zuviel, dafür aber das Richtige zu essen, um für die Leistungsfähigkeit genügend Nährstoffe aufzunehmen und dennoch dabei an Körpergewicht, aber nicht an Muskelmasse zu verlieren. Ich persönlich bin mit mir manchmal strenger und manchmal nicht so streng. Dann greife ich schonmal zum Fastfood (lacht). Eine gewisse Disziplin ist aber erforderlich, ich halte dabei den gesunden Mittelweg für die beste Strategie. Es ist aber unbestritten, dass man über die Ernährung die Leistung optimieren kann.
Betreibst du als Ausgleich zu deinem durchgetakteten Berufs- und Trainingsalltag ein Hobby?
Tatsächlich zeichne ich gerne. Ich empfinde das Zeichnen eher als feminin und kreativ und sehe es somit ein bisschen als Gegenpart zum maskulinen Boxkampf, bei dem man sich schlägt. Leider ist dieses Hobby zuletzt ein bisschen zu kurz gekommen. Seit ich mich wieder sehr aufs Boxen fokussiert habe, verbringe ich die Freizeit eher mit meiner Familie und meinen beiden Hunden, die tatsächlich dazu beitragen, den Kopf freizubekommen und zu entspannen. Sie sind wie Kinder, machen manchmal Blödsinn und bereiten mir einfach Freude. Hunde leben den Moment – daran sollten wir Menschen uns ein Beispiel nehmen: Wir sind gesund, alles ist gut, die Sonne scheint – doch statt diesen Moment zu genießen, denken wir daran, dass der Müll noch rausgebracht oder eine Rechnung gezahlt werden muss.
Du trägst viele Tattoos – haben sie eine Bedeutung oder sind sie reiner Körperschmuck?
Beides! Tatsächlich habe ich Tattoos, die mir sehr viel bedeuten, es gibt aber auch welche, die ich nur zum Schmuck habe stechen lassen. Ich bin ein sehr großer Anime-Fan, deshalb ist mein ganzer linker Arm voller Anime-Figuren. Sie waren meine Kindheits-Helden, sind aber noch immer Vorbilder für mich, ich schaue auch noch regelmäßig Animes. Sogar mein Auftreten und Marketing beim Boxen basiert darauf: Mein Künstlername ist Sensei, was aus dem Japanischen kommt und Meister oder Lehrer bedeutet. Ich verkörpere in jedem Profi-Kampf sozusagen eine Animefigur. Bei meinem ersten Fight war es der Klassiker Dragon Ball: Meine Hose war orange und mit den typischen Sternen versehen, die Einlaufmusik war das Opening des Animes. Bei meinem zweiten Kampf stand Naruto im Mittelpunkt: Meine Hose und das Outfit meines Trainers waren komplett grün, weitere Symbole und die Musik stammten aus dem Anime. Mein jüngster Kampf war dem Pokémon Pikachu gewidmet. Leute, die sich mit dem Thema beschäftigen, erkennen das sofort – und ich möchte so eine neue Zielgruppe generieren.
Kommen wir zurück zum Sport: Gerade hast du deinen dritten Kampf als Profi bestritten – wie war’s?
Ich habe über sechs Runden, die ich alle eindeutig für mich entscheiden konnte, eine dominante Vorstellung abgeliefert. Viele Dinge, an denen wir im Training gezielt gearbeitet hatten, konnte ich anwenden und umsetzen. Auf jeden Fall sieht man bereits eine sehr positive Entwicklung und gute Schritte nach vorn. Dennoch gab es einige Momente, in denen ich den Kampf hätte früher entscheiden können. Ich bin mit meinem Auftritt sehr zufrieden, mir aber auch bewusst, dass es noch viel Luft nach oben gibt.
Welche Ziele hast du dir für deine noch junge Profikarriere gesteckt?
Ich möchte nach meinen drei bereits erfolgreich absolvierten Kämpfen heuer noch ein oder zwei weitere bestreiten – und möglichst ebenfalls gewinnen. Danach muss man weitersehen. Ein realistisches Ziel wäre, nach vier, fünf Siegen die Deutsche Meisterschaft im Profiboxen anzustreben. Zudem möchte ich versuchen, langfristige Sponsoren-Partnerschaften zu finden und könnte mir vorstellen, in Ingolstadt eine Box-Veranstaltung zu organisieren. Und wenn das alles funktioniert – warum nicht nach den Sternen greifen? Man darf auch ein bisschen träumen.
Vielen Dank für das Gespräch, Rawil!
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