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Keck to the future
Interview mit Christian Keck
Christian Keck (SPD) aus Rohrbach ist mit 24 Jahren einer der jüngsten Bürgermeister Bayerns. Sein Bachelor- und Masterstudium der Wirtschaftsinformatik absolvierte er jeweils als Jahrgangsbester. Seit 2016 arbeitet er bei der Deutschen Telekom im Bereich Digitalisierung. In der Stichwahl um das Bürgermeisteramt schenkten ihm mehr als 60 Prozent der Wähler ihr Vertrauen. Damit tritt er in den Fußstapfen seines Vaters, der die vergangenen Jahre Rohrbacher Rathauschef war.
Herr Keck, Ihr Wahlprogramm haben Sie #rohrbach2038 getauft und blicken damit weit in die Zukunft. Welche konkreten Ziele verfolgen Sie in Rohrbach kurzfristig, welche langfristig?
Als SPD Rohrbach wollten wir den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde eine Alternative zu den gewohnten Wahlprogrammen bieten – und haben unter dem Schlagwort #rohrbach2038 eine langfristige Vision entwickelt. Langfristig möchten wir unsere Gemeinde lebenswert, innovativ, nachhaltig, bürgernah, handlungsfähig und identitätsstiftend gestalten. Das bedeutet konkret: Öffentlichkeitsarbeit ausbauen, v.a. auch digital – sowohl persönlich als Bürgermeister als auch in der Gemeinde selbst. Wir wollen ein Seniorenzentrum realisieren, um auch im Alter in Rohrbach bleiben zu können. Gleichzeitig wollen wir aber auch die jungen Menschen in Form von bedarfsgerecht verfügbarem Wohnraum – auch in den Ortsteilen – in der Gemeinde halten.
Für kreative Wohnformen, z.B. Tiny-Houses, auf bislang ungenutzten Flächen innerorts, möchten wir uns ebenfalls einsetzen.
Die ohnehin schon gut entwickelte Bürgerbeteiligung möchten wir ausweiten in Form des zusätzlichen Arbeitskreises „Gewerbe“ und einer stärkeren Stimme der vorhandenen Arbeitskreise Energie, Jugend, Senioren, Ortsbild und Kultur im Gemeinderat. Natürlich stellt uns die Corona-Krise nun vor große Herausforderungen, welche es kurzfristig aufzufangen gilt. Was die kostenintensiven Maßnahmen wie Wasserversorgung, Kinderbetreuung (Neubau sowie Sanierung eines Kindergartens) und Umsetzung der Feuerwehrbedarfsplanung angeht, müssen wir uns gut überlegen, wie wir diese in den nächsten Jahren stemmen, ohne uns für die nächsten Jahrzehnte den finanziellen Handlungsspielraum zu nehmen.
2038 ist noch weit entfernt. Sie selbst sind mit 24 Jahren noch relativ jung. Reizt es Sie nicht – vor allem mit Ihrer Vita – auch einmal beruflich den Weg ins Ausland zu wagen?
Die Frage eines Auslandsaufenthalts stellte sich mir in meiner bisherigen akademischen und beruflichen Karriere bereits mehrmals. Und in der Tat: Bis auf einen dreiwöchigen Trip durch China und Vietnam habe ich noch nicht viel von der Welt gesehen. Aber – und das war für meine Entscheidung in Richtung der Kommunalpolitik ausschlaggebend – mir war es nie ein Bedürfnis, über mehrere Monate oder Jahre im Ausland zu leben.
Das mag vielleicht atypisch sein für einen Vertreter der sogenannten Generation Y – aber ich bin hier in Rohrbach verwurzelt und möchte meine Zeit und Energie bereits als junger Mensch dafür einsetzen, meine Heimat noch lebenswerter zu gestalten.
Ist es nervig, wenn man ständig auf sein Alter angesprochen wird?
Es ist eine zunächst vereinfachende Reaktion des Menschen, die Eignung für einen Beruf oder ein Amt am Alter festzumachen. Mit dem Alter verknüpfen wir Menschen Eigenschaften wie Lebenserfahrung, Durchhaltevermögen, Reife, Bildung, Respekt. Häufig höre ich – auch nach der Wahl – die Frage „Traust du dir das nun wirklich zu?“. Dann muss ich lächeln und erwidere: „Natürlich traue ich mir das zu – Sie und 2000 weitere Bürger übrigens auch.“ Insofern hat die Mehrzahl der Wähler in Rohrbach nicht nur nach dem Alter gefragt, sondern mich als Vertreter der „jungen Generation“ in eine verantwortliche Position gebracht.
Was kann die ältere Generation in diesen Tagen von der jüngeren lernen?
Unsere Generation fragt stärker nach dem Sinn und Unsinn gewohnter Verhaltensweisen, definiert sich weniger über den Beruf und ist weltweit vernetzt.
Für mich ist es das Privileg der Jugend, den Status Quo zu hinterfragen.
Ebenso ist es das Recht der älteren Generation, deren soziale und gesellschaftliche Errungenschaften zu bewahren. Wichtig ist einerseits die bilaterale Bereitschaft zum Dialog, gerade weil diese beiden Gegensätze Spannungen hervorrufen. Andererseits muss die ältere Generation „loslassen können“, im Vertrauen darauf, dass frische, junge Menschen in die jeweiligen Aufgaben hineinwachsen werden.
Woran fehlt es in Rohrbach für junge Leute?
Diese Fragestellung würde ich gerne aufteilen: Zum einen zieht es viele junge, hochqualifizierte Menschen nach ihrem Schulabschluss weg von Rohrbach, obwohl wir im „Speckgürtel“ von München und Ingolstadt liegen und die Wohnungspreise in den Städten explodieren. Unsere Gemeinde soll also attraktiver für Studenten, junge Gründer, Ingenieure und IT-Spezialisten werden. Zum anderen fehlt es an regelmäßig frequentierten – „angesagten“ – kulturellen Treffpunkten für unsere jungen Bürgerinnen und Bürger.
Sie übernehmen das Bürgermeisteramt von Ihrem Vater. Begann die „politische Ader“ in Ihrer Familie bei Ihrem Vater oder reicht diese schon weiter zurück?
Bereits mein Großvater väterlicherseits, Maximilian Keck, war vor dem Umzug nach Rohrbach 3. Bürgermeister der Gemeinde Pullach i. Isartal – natürlich für die SPD. Und Manfred Hemm, letzter Bürgermeister Fahlenbachs vor dessen Eingemeindung, zählt ebenso zur weiteren Verwandtschaft. Übrigens war Manfred mit damals 29 Jahren jüngster Bürgermeister im Landkreis Pfaffenhofen.
Würden Sie sich eher als Idealist oder Realist bezeichnen?
Als Idealist, der gern viele Meinungen und Erfahrungen in seinen Entscheidungen berücksichtigt, um seine Ideen und Ziele Realität werden zu lassen. Eine gesunde Mischung also. Beispielhaft ist hier auch wieder der Wahlkampf. Bei der SPD-internen Bekanntgabe meiner Kandidatur habe ich zu unserer Liste gesagt:
„Wenn ich antrete, dann mit einer langfristigen Vision. Wie lebt es sich in Rohrbach im Jahr 2038 für unsere Kinder?“
Daraus ist #rohrbach2038 entstanden, ebenso unsere konkreten Punkte des Wahlprogramms.
Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Rohrbach aus?
Wir werden als Gemeinde vor allen Dingen die wirtschaftlichen Folgen im Nachgang der Krise zu spüren bekommen. Die Gewerbesteuer- und Einkommensteuereinnahmen als wichtigste kommunale Finanzierungsquelle werden sinken und unseren finanziellen Handlungsspielraum begrenzen. Über finanzielle Gesichtspunkte hinaus bin ich davon überzeugt, dass unsere Gemeinde gewinnen wird, und zwar an Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Solidarität, Einfallsreichtum und Wertschätzung.
Haben Sie politische Vorbilder?
Bleibt man in der Region, sind sicherlich junge SPD-Bürgermeister wie Florian Hartmann aus Dachau oder Thomas Herker aus Pfaffenhofen beispielgebend, weil sie beweisen, dass junge Persönlichkeiten eben doch das Zeug zur erfolgreichen Kommunalpolitik haben. Darüber hinaus imponiert mir Helmut Schmidt, der es verstanden hat, unsere Bundesrepublik mit Intellekt, Mut und Pragmatismus durch schwierige Zeiten zu führen.
Auf Ihrer Webseite schreiben Sie: „Ich lege wert auf gute Literatur“. Haben Sie ein Lieblingsbuch?
Das eine Lieblingsbuch habe ich nicht, wohl aber eine gewisse Präferenz für Biografien. Beispielsweise „Joseph Fouché – Bildnis eines politischen Menschen“ von Stefan Zweig. Der Autor porträtiert mit Joseph Fouché einen politischen „Player“ zur Zeit der Französischen Revolution, der es verstand, sich auf die richtige politische Strömung einzustellen. Das möchte ich jedoch nicht als Vorbild für mein politisches Wirken verstanden wissen 😉