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Unverhoffte Herzensrolle
Die Pfaffenhofenerin Christine Reimer spielt seit 16 Jahren die „Vogl Moni“ in der Kultserie „Dahoam is Dahoam“
Ihr persönlicher Einstieg in die Serie „Dahoam is Dahoam“ sei rückblickend „vogelwuid“ gewesen, erzählt Christine Reimer lachend. Sie habe zum 40. Geburtstag eine Karte mit der Aufschrift „Ich lebe jetzt“ bekommen und sich diesen Spruch sofort zu Herzen genommen, als ihr just zu diesem Zeitpunkt eine befreundete Chormitstreiterin in Pfaffenhofen erzählte, dass man für die Serie „Dahoam is Dahoam“ einen Landfrauenchor suche: „Natürlich wollte ich da dabei sein! Mal ein Filmset erleben – das war genau das Richtige für mich“, erinnert sich Reimer, die bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Schauspiel-Erfahrung hatte und diesen Job auch nie als Traumberuf sah.
Auf der Bühne zu stehen und sich zu präsentieren – vor allem als Sängerin -, das gefiel der gebürtigen Pfaffenhofenerin allerdings schon länger. Wie kam das? Blicken wir zurück: Am 11. September 1966 auf die Welt gekommen, wuchs die kleine Christine zwischen ihrem Geburtsort, Scheyern und Mitterscheyern auf: „Meine Mama ist eine Pfaffenhofenerin, mein Papa kommt aus Scheyern, war dort auch Bürgermeister. Wir haben in Mitterscheyern gewohnt, aber ich habe meine komplette Schulzeit in Pfaffenhofen verbracht, so dass ich in beiden Orten sehr verwurzelt bin und beide für mich Heimat bedeuten“, erzählt Reimer, die in Scheyern dem Kirchenchor angehörte, aber auch in Pfaffenhofen musikalisch aktiv war.
Mit 17 Jahren hatte sie dann allerdings die Nase voll vom Dorfleben, wollte raus in die weite Welt. Kurzerhand meldete sie sich für ein Highschooljahr in den USA – ohne zu wissen, in welcher Gegend sie landen würde. Anstatt ins coole New York, das hippe San Fransicso oder das angesagte Los Angeles verschlug es sie jedoch ausgerechnet nach Pocatello in Idaho: „In den tiefsten Wilden Westen“, erinnnert sie sich schmunzelnd. Nach dem ersten Schock wurde es „ein wunderbares Jahr, in dem ich tolle Leute kennengelernt habe“, wie sie erzählt: „Mich hat diese Zeit in den USA wahnsinnig geprägt und selbstständig werden lassen, denn ich musste mich dort schon durchbeißen“, sagt die heute 56-Jährige. Aber sie feierte auch Erfolge: So wirkte sie in zwei Musicals mit, gehörte nicht nur dem Highschool-, sondern sogar dem All State Chor mit den besten Sängern aus Idaho an und gewann die örtliche Talentshow der Highschool! „Da habe ich bereits gemerkt, dass ich wahnsinnig gerne auf der Bühne stehe und die Menschen begeistere“, erinnert sich Reimer, die – wieder zurück aus den USA – unbedingt eine Ausbildung zur Musicaldarstellerin machen wollte.
Doch ihre Eltern legten ihr Veto ein und bestanden darauf, dass sie „was Gscheits“ lernt. So wurde sie Fremdsprachenkorrespondentin und arbeitete später bei einer Bank. Eine Künstlerkarriere war für die Pfaffenhofenerin damit abgehakt, ihr Leben nahm eine ganz andere Wendung und verlief in geordneten, soliden Bahnen. Bis zu dem Tag, als sie mit dem Landfrauenchor loszog. Also auf nach Lansing!
An diesem allerersten Drehtag durfte Christine Reimer als „Landfrau Monika“ sogar einen Satz sprechen: „Wos hoda denn?“, sollte sie fragen, weiß sie noch genau. Und sie erinnert sich auch noch an das Schmunzeln des Regisseurs, das ihr bestätigte, dass sie ihre Sache wohl ganz gut gemacht hatte. Doch in Christine Reimer löste diese Szene noch etwas ganz anderes, viel Größeres aus: „Als ich mit diesen acht Damen auf dem Dorfplatz von ,Lansing‘ stand, habe ich in meinem tiefsten Inneren gewusst: Das ist genau meins, das will ich weiterhin machen – dabei bleibe ich!“, blickt sie auf ihren Premierentag bei „Dahoam is Dahoam“ zurück. „Für alle anderen war ich eine beliebige Komparsin, wie es dort hunderte gab – aber ich habe irgendwie gespürt, dass da etwas in mir schlummert, das unbedingt raus will. Auch wenn ich damals bereits 40 Jahre alt war“, beschreibt Reimer den Moment, als sie fühlte, dass diese Rolle ihr Leben verändern könnte. „Ich wusste, das ist genau meine Welt.“
Doch wie sollte sie das Drehteam von ihren Plänen überzeugen? Zunächst informierte sie die Casting-Firma, dass sie gerne häufiger eingesetzt werden würde. Schnell steigerten sich ihre Auftritte, sie bekam mehr Text, schließlich wurde aus der „Landfrau Monika“ die „Monika Vogl“ – und die Rolle wuchs. Denn längst hatten auch die Macher der Serie erkannt, dass Christine Reimer perfekt in die Daily Soap passte. Der gebürtigen Pfaffenhofenerin kam natürlich zugute, dass sie den bayerischen Dialekt einwandfrei beherrscht: „Mit mir wurde zuhause nie hochdeutsch gesprochen“, erzählt die 56-Jährige. „Deshalb hatte ich auch nie die Sorge, etwas falsch auszusprechen, sondern fühlte mich in diesem Bereich absolut sicher.“ Die richtige Ausstrahlung und das entsprechende Talent brachte sie obendrein mit.
Ein Spaziergang war der Schritt von der Komparsin zur akzeptierten und respektierten Hauptrollenbesetzung aber keineswegs. „Das war wahnsinnig anstrengend, weil ich jedem einzelnen beweisen musste, dass ich das kann. Da war auf der einen Seite die Produktionsfirma, die ich davon überzeugen musste, dass ich eine konstant gute Leistung abliefern kann – auch bei einer Daily Soap. Dazu kamen die verschiedenen Regisseure, die alle eine etwas andere Vorstellung von der ,Monika Vogl‘ hatten – denn die Figur hatte im Gegensatz zu allen anderen Hauptpersonen kein festgelegtes Rollenprofil. Die einzige Eigenschaft, die man ihr zuschrieb, war, ein ,Ratschweib‘ zu sein“, beschreibt Reimer die Problematik.
So gestaltete sie den Charakter kurzerhand selbst mit: „Ich habe mir mein eigenes Bild von der Moni gemacht: Für mich ist sie ein Ratschweib und hat ihre Schwächen – das macht sie wiederum auch liebenswert, weil es menschlich ist. Außerdem hat sie ein großes Herz, so dass sich möglichst viele Zuschauer mit ihr identifizieren können“, beschreibt die 56-Jährige die Eigenschaften, die sie ihrem Alter Ego mitgab.
Die größte Herausforderung beim Sprung zur Hauptrolle sei jedoch gewesen, von den Kollegen als gleichwertig akzeptiert zu werden: „Anfangs wurde ich maximal als Schauspielerin zweiter Klasse und mit sehr viel Skepsis betrachtet. Umgekehrt dachten die Komparsen, ich würde mich nun für etwas Besseres halten. Das war eine sehr schwierige Situation und ein echter Drahtseilakt. Es half nur, stur nach vorn zu schauen und mein Ding durchzuziehen. Der Weg von der Komparsin zur Gastrolle und schließlich zur Hauptrolle war ein echter Kampf – aber dann wusste ich: Ich habe es geschafft und muss jetzt niemandem mehr etwas beweisen“, blickt die Darstellerin auf die harte Anfangszeit zurück.
Inzwischen – seitdem sind 16 Jahre vergangen – ist sie unter den Kollegen geschätzt, wird sogar um Rat gefragt. Und die Serie mit ihrer Herzensrolle ist längst ein Teil ihres Lebens geworden. Ihr Alltag hat sich seit ihrem Job als Fremdsprachenkorrespondentin bei der Bank komplett verändert. „Zunächst hat das keiner wirklich ernst genommen – auch nicht mein Mann. Alle meinten, das sei nach einem lustigen Ausflug zum Drehort wieder zu Ende. Erst mit der Zeit ist meiner Familie bewusst geworden, dass das kein Spaß, sondern ein ernst zu nehmender Beruf ist“, verrät Reimer, deren Kinder damals noch klein waren und deren Eltern daher häufig zur Betreuung eingesprungen sind: „Anfangs war ich viel unterwegs: Veranstaltungen, Einladungen mit rotem Teppich – das war alles unglaublich spannend und ich war stolz, das alles erleben zu dürfen“, so die Schauspielerin, die schon bald von vielen Menschen auf der Straße erkannt und um Autogramme oder ein Selfie gebeten wurde. „Mittlerweile trete ich in dieser Beziehung ein bisschen kürzer, denn die Drehtage sind nach wie vor lang und anstrengend“, sagt die 56-Jährige, die aus privaten Gründen ihr Arbeitspensum generell ein bisschen herunterschrauben möchte – denn der tägliche Aufwand für das Daily Format der Serie werde von jedermann völlig unterschätzt, meint die Schauspielerin und beschreibt, wie so ein Drehtag aussieht.
Aufstehen um 5 Uhr morgens, Start mit Maske, Kostüm & Co. um 6:45 Uhr, Drehbeginn um 8 Uhr – das sei keine Seltenheit, erzählt Reimer. Zwölf Stunden am Set mit Innen- und Außendreh, alles im Minutentakt durchgeplant, dabei nur während einem „Bild“, wie die Szenen genannt werden, Pause – das schlaucht ganz schön und ist wahrlich kein Zuckerschlecken. „Natürlich gibt es auch Tage, an denen es nicht so stressig ist, aber als Hauptrolle ist man täglich vor Ort und kürzere Einsätze sind eher selten“, sagt die 56-Jährige.
Und das Procedere gilt an vier Tagen pro Woche, manchmal auch fünf, selbst Samstage stehen hin und wieder auf dem Drehplan. Das heißt für die Schauspieler voller Fokus auf die Arbeit und Adrenalin pur den ganzen Tag, Textlernen zusätzlich in der Nacht – und am nächsten Tag wieder das Gleiche. Und wie gehen die Darsteller nach so langer Zeit miteinander um? Geht man sich da nicht manchmal auf den Wecker? „Ganz und gar nicht“, lacht Reimer. „Die Drehzeit nimmt einen so großen Teil meines Lebens ein, dass sich das Ganze schon fast wie Familie anfühlt, auch wenn man natürlich zu einigen Darstellern eine engere Beziehung hat als zu anderen. Bei Carina Dengler, die die Rolle der Kathi spielt, würde ich sogar von einer Freundschaft sprechen, die bis ins Private hineinreicht. Wenn wir Lust haben, gehen wir auch nach einem zwölfstündigen Drehtag noch gemeinsam zum Essen und haben Spaß“, verrät Reimer, die ihre Batterien am liebsten zuhause oder in der freien Natur wieder auflädt: „Ich liebe unser Grundstück wirklich sehr. Aber auch der Gutshof in Scheyern mit seiner Pappelallee und den Weihern ist ein Lieblingsort, den ich immer gerne aufsuche.“
Haben sich nach 16 Jahren „Dahoam is Dahoam“ die Personen Christine Reimer und Monika Vogl dann vermischt? Wieviel Christine steckt eigentlich in Moni? „Die Art und Weise, wie Moni spricht, ist zu 95 Prozent Christine – genauso rede ich auch. Ihre Charakterzüge, also sehr neugierig zu sein, manchmal auch ein bisschen zu schummeln und nichts für sich behalten zu können – das bin zu 100 Prozent nicht ich“, lacht die Schauspielerin.
„Manchmal ist die Moni aber auch schräg oder etwas durch den Wind – damit kann ich mich schon eher identifizieren. Und beim Thema Familie und dass sie möchte, dass es immer allen gut geht, da stimmen wir tatsächlich komplett überein“, so die 56-Jährige, die an ihrer Rolle auch die Vielseitigkeit des „bunten Vogels“ Monika sehr schätzt. Auch mit der Lansinger Idylle kann sich Christine Reimer identifizieren und hält das Dorfleben von „Dahoam is Dahoam“ keineswegs für eine kitschige, übertriebene Idylle, sondern für Realität: „In meinem Wohnort Mitterscheyern sind die Vereine und die Feuerwehr unglaublich wichtig, auch dort gibt es Landfrauen sowie einen Dorfwirt mit Kegelbahn und man hilft sich gegenseitig. Auf dem Dorf existiert das alles tatsächlich noch genauso“, bestätigt sie. Werden denn die „Dahoam is dahoam“-Fans ihre „Vogl Moni“ auch die nächsten 16 Jahre noch sehen können?
„Ich liebe diese Rolle nach wie vor und sie wird immer die Rolle meines Lebens sein. Auch nach dieser langen Zeit habe ich die Spielfreude noch lange nicht verloren“, sagt die Darstellerin, möchte sich aber angesichts der Tatsache, dass sie es in Zukunft ein bisschen ruhiger angehen und weniger drehen möchte, nicht auf eine genaue Zeitspanne festlegen. Sie denkt einen Moment nach und sagt dann lächelnd: „Auf jeden Fall solange die Christine die Moni noch mag!“ Einen Mini-Traum hat die 56-Jährige aber doch noch: „Ich könnte mir vorstellen, einmal in einem Kinofilm mitzuspielen. In Filme von Marcus H. Rosenmüller würde ich schon ganz gut reinpassen. Das würde mich echt reizen“, meint sie schmunzelnd.
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