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Es kann nur einen Christian geben
Hat es sich „ausgelöselt“ in Ingolstadt? SPD-Oberbürgermeisterkandidat Christian Scharpf im Interview.
Am 15. März 2020 entscheidet sich, wer das neue Stadtoberhaupt von Ingolstdt wird. Bleibt es Christian Lösel (CSU)? Oder macht ihm SPD-Kandidat Christian Scharpf einen Strich durch die Rechnung? Im Gegensatz zu Lösel ist Christian Scharpf auf der Ingolstädter Politbühne noch ein Newcomer. Politische Erfahrung hat er indes schon reichlich gesammelt. Er arbeitete zuerst unter Christian Ude, später für den jetzigen Münchner OB Dieter Reiter als Stadtdirektor im Direktorium des Münchner Rathauses. Um den SPD-Kandidaten kennenzulernen und seine Positionen zu verstehen, traf espresso ihn zum Interview.
Herr Scharpf, Sie haben die letzten 15 Jahre hauptsächlich in München verbracht. Warum würden Sie sich trotzdem noch als echten Ingolstädter bezeichnen?
Ingolstadt ist meine Heimatstadt; meine Großeltern sind Ingolstädter, ich bin hier aufgewachsen, in die Schule gegangen, habe eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Bayerischen Vereinsbank in der Ludwigstraße absolviert und meinen Zivildienst im Heilig-Geist-Spital abgeleistet; in der Innenstadt verbinde ich mit beinahe jeder Ecke eine Erinnerung.
Was hat Sie dazu bewogen, Ingolstadts nächster Oberbürgermeister werden zu wollen?
Ich möchte Oberbürgermeister von Ingolstadt werden, weil ich es will und weil ich es kann. Die letzten 15 Jahre habe ich im Münchner Rathaus gearbeitet und dort den Job als Oberbürgermeister praktisch gelernt als persönlicher Mitarbeiter von Oberbürgermeister Christian Ude und nunmehr als Stadtdirektor im Direktorium der Stadt München.
Ingolstadt ist meine Heimatstadt, ich hänge an der Stadt und möchte die im Münchner Rathaus gewonnenen Erfahrungen als Oberbürgermeister von Ingolstadt gerne einbringen und fruchtbar machen.
Drei Dinge, die Sie in Ingolstadt als OB verändern würden?
1. Mehr Miteinander statt Gegeneinander in der Stadtpolitik; ich will versöhnen statt spalten und eine neue politische Kultur und einen neuen politischen Stil in Ingolstadt etablieren; es sollen die besten Konzepte umgesetzt werden, egal von welcher Partei sie stammen.
2. Wir brauchen eine Verkehrswende in der Stadt mit einem attraktiveren ÖPNV, mit einer dichteren Taktung, mit alternativen Massenverkehrsmitteln und damit für eine verbesserte Mobilität in der Stadt.
3. Ingolstadt darf am eigenen Wachstum nicht ersticken. Ich will sichere und stabile Arbeitsplätze, aber wir brauchen kein Wachstum nur um des Wachstums willen. Entscheidend ist, dass Ingolstadt eine Stadt im Gleichgewicht bleibt, bei der die Lebensqualität der Ingolstädterinnen und Ingolstädter im Vordergrund steht.
Sie kritisieren die Glacisbrücke und die CSU-Idee einer 4. Donauquerung. Wie würden Sie das Verkehrsproblem im Westen Ingolstadts angehen?
Bei der Glacisbrücke ist mit der Westlichen Ringstraße eine höchst unbefriedigende Situation entstanden; das war einer der verkehrsplanerisch größten Schildbürgerstreiche der letzten Jahrzehnte. Ich traue der CSU beim Thema Straßenverkehr nicht mehr.
Wenn jetzt mit einer 4. Donauquerung durch den naturgeschützten Auwald auch noch die Umwelt zerstört werden soll, ist die CSU komplett auf dem falschen Dampfer und sie hat die Zeichen der Zeit einfach nicht erkannt. Ein solches Projekt kostet hunderte von Millionen Euro, während die Verkehrsgutachter bereits vor zwei Jahren festgestellt haben, dass die Entlastung für das Ingolstädter Verkehrsnetz nur marginal ist. Aufwand und Ertrag stehen in keinem vernünftigen Verhältnis.
Die Verkehrsprobleme im Westen und Südwesten existieren hauptsächlich in den Hauptverkehrszeiten und beim Audi-Schichtwechsel. Die einzige Antwort auf unsere Verkehrsprobleme kann nicht sein, immer nur neue Straßen zu bauen, sondern wir müssen intelligente Lösungen finden.
Mit einem klugen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs kann man das Problem zum großen Teil in den Griff kriegen. Mit einer dichteren Taktung des Busverkehrs, mit Expressbuslinien und einer Ausschöpfung der Potentiale für Busbeschleunigung und mit alternativen Massenverkehrsmitteln, zum Beispiel mit einer Stadtbahn von Zuchering über Hauptbahnhof bis zur Audi mit Park-and-Ride-Anlagen an geeigneter Stelle sollten wir mehr Menschen davon überzeugen, vom Auto auf alternative Verkehrsmittel umzusteigen. Das muss aber wirklich überzeugend sein, es muss dann schneller und bequemer sein als mit dem Auto im Sinne einer echten Verbesserung, sonst werden es die Bürger nicht annehmen. Andere Städte haben das längst vorgemacht, nur in Ingolstadt tut sich diesbezüglich nichts.
Der Aufschwung der Grünen zeigt, dass die Menschen sich verstärkt um die Natur und deren Zukunft sorgen. Konstanz hat als erste deutsche Stadt den Klimanotstand ausgerufen. Mittlerweile sind Dutzende weitere Städte dem Beispiel gefolgt. Würden Sie auch dem Beispiel folgen? Welche Priorität hat der Umweltschutz für Sie?
Umweltschutz und Klimapolitik sind die Herausforderungen unserer Zeit schlechthin. Ich halte nichts von populistischen Maßnahmen, dass Städte einen „Klimanotstand“ ausrufen, dessen Rechtsqualität gegen Null tendiert. Gefragt sind ganz konkrete Maßnahmen. Wenn wir in der Verkehrspolitik umdenken, wäre als erster Schritt schon viel gewonnen. Klimawende und Verkehrswende sind zwei Seiten der selben Medaille. Der öffentliche Personennahverkehr ist in Ingolstadt über Jahre kaputt gespart worden. Wir müssen ihn mit mehr Bussen und einer dichteren Taktung wieder attraktiver machen, wir brauchen neue Massenverkehrsmittel, sei es eine Stadtbahn, eine Trambahn oder eine Seilbahn. Wir sollten das vom Stadtrat beschlossene Konzept für die Förderung des Fahrradverkehrs endlich konsequent umsetzen. Städtische Fahrzeuge, insbesondere die Busse der INVG, müssen mit umweltfreundlichen Technologien fahren. Und die Stadtwerke müssen es schaffen, dass die Energieversorgung zu 100% aus regenerativen Energien kommt, wie es andere Städte bereits vormachen. Wir brauchen keine öffentlichkeitswirksamen Pressemitteilungen über die Ausrufung eines „Klimanotstands“. Wir sollten einfach konkret handeln und das umsetzen, dann sind wir auf der richtigen Spur.
Falls Sie Oberbürgermeister werden sollten, worauf freuen Sie sich am meisten?
Ich freue mich vor allem auf die persönlichen Begegnungen mit den Bürgerinnen und Bürgern. Darauf, mich mit ihnen auszutauschen und ihre Anliegen kennenzulernen. Und ich freue mich darauf, für die Menschen in unserer Stadt etwas zu bewegen.