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"Familie ist das Wichtigste"
ERC-Goalie Jochen Reimer liebt seine Papa-Rolle
Seit 2017 steht Jochen Reimer beim ERC Ingolstadt unter Vertrag und hat sich schnell in die Herzen der Fans gespielt. „Joker“ teilt sich die Position des Goalies bei den Panthern mit Timo Pielmeier, was für den Verein eine komfortable Situation, für die beiden Keeper aber nicht immer ganz einfach ist. Im espresso-Interview spricht der sympathische 34-Jährige über die Torwartkonstellation, seine Zukunft bei den Panthern und vor allem voller Begeisterung über seine Familie mit Söhnchen Magnus.
Ein Viertel der Saison ist vorbei. Mit 16 Punkten steht ihr derzeit auf dem 9. Tabellenplatz – wie siehst du den bisherigen Verlauf?
Durchwachsen. Der 9. Platz ist natürlich nicht das, was wir uns vorstellen. Wir haben einen ganz schlechten Start erwischt, aber danach eine gute Serie hingelegt. Dennoch war das erste Viertel nicht nach unserem Geschmack, da müssen wir noch nachbessern.
Nach dem hohen Sieg im Auftaktspiel folgten fünf Niederlagen, danach vier Siege und zuletzt wieder zwei Niederlagen und ein Sieg – sind diese Auf und Abs deiner Meinung nach normal?
Ich denke, dass jede Mannschaft im Laufe der langen Saison mit 52 Spielen durch verschiedene Phasen geht. Aber die negativen Strecken sollten natürlich verhindert werden. Wir haben uns da wieder rausgekämpft und müssen jetzt Konstanz in unsere Spiele bringen. Das Auf und Ab ist auch für den Kopf nicht ganz einfach.
Was fehlt zur konstant guten Spielweise, wie sie München derzeit vormacht?
München spielt einfach in einer anderen Liga. Wenn wir wüssten, was uns fehlt, würden wir es abstellen. Gerade gegen Berlin war das erste Drittel überragend – hätten wir so weitergemacht, hätten wir die Partie gewonnen. Stattdessen haben wir aufgehört zu spielen. Vielleicht hängt es mit mangelnder Konzentration zusammen. Das ist schwierig zu analysieren, deshalb liegt unser Augenmerk jetzt darauf, Konstanz in unser Spiel zu bringen.
Wie siehst du den Kader der Panther? Was könnt ihr heuer erreichen?
Wir haben einen guten Kader, mit dem wir oben mitspielen können. Letzte Saison haben wir eine gute Hauptrunde absolviert, aber auch da hatten wir im November eine schlechte Serie. Ich denke, wir sind heuer mindestens genauso stark wie im Vorjahr, aber die Liga wird immer enger. Man kann sich keine schwachen Phasen mehr erlauben.
Was ist dein ganz persönliches Ziel für die laufende Saison?
Einfach nur gesund zu bleiben, der Rest kommt dann von allein.
Von den ersten 11 Spielen hast du nur drei Partien bestritten, Timo Pielmeier stand 8 Mal im Tor – bist du unzufrieden mit deiner Rolle?
Natürlich hätte ich lieber mehr gespielt, aber wer im Tor steht, bleibt Entscheidung des Trainers. Timo hat bei seinen Auftritten gut gespielt, aber ich habe meiner Meinung nach auch gute Leistungen gezeigt. Es sind noch viele Begegnungen zu absolvieren und ich war mir immer sicher, dass ich noch häufiger die Chance zu spielen bekommen werde. Das hat sich zuletzt ja auch bestätigt.
Gerade gegen Köln hast du eine bärenstarke Leistung gezeigt, dennoch stand danach wieder Timo im Tor – wie gehst du damit um?
Natürlich erhofft man sich nach so einem Spiel, dass man weiterhin im Tor bleibt und man darf auch kurz enttäuscht sein, wenn der Trainer anders entscheidet. Ich habe als älterer und erfahrener Spieler aber auch die Verantwortung, mir das nicht so anmerken zu lassen und nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen oder schlechte Stimmung in die Mannschaft zu bringen. Stattdessen muss man hart weiterarbeiten.
Seit dem Sommer trainiert auch Jonas Stettmer vom DNL-Team mit Timo und dir – wie ist das Verhältnis unter euch drei Goalies?
Unser Verhältnis ist super. Jonas ist jeden Tag dabei, auch wenn es für ihn etwas schwierig ist, weil Timo und ich uns keine Auszeit nehmen können, weil wir natürlich beide spielen wollen. Daher kommt Jonas manchmal beim Training ein bisschen zu kurz. Aber das ist für einen jungen Torwart normal, das war bei mir nicht anders, als ich mit 18, 19 Jahren in Hamburg war. Da muss er sich durchbeißen und es ist sicherlich eine gute Schule für ihn, im DEL-Team mittrainieren zu können.
Seit dieser Saison habt ihr keinen Torwarttrainer, der ständig vor Ort ist – wie siehst du das?
Im Idealfall ist der Torwarttrainer jeden Tag vor Ort, aber wir haben aus der aktuellen Situation das beste gemacht. David Belitski steht ständig mit uns in Kontakt, schaut Videos unserer Spiele an und gibt uns das nötige Feedback, da haben wir uns gut arrangiert. Wenn er dann in Ingolstadt ist, arbeiten wir sehr intensiv, das klappt sehr gut.
Du bist im November letzten Jahres zum ersten Mal Vater geworden – was hat sich für dich seit der Geburt deines Sohnes Magnus verändert?
Wir haben einfach unglaublich viel Spaß mit ihm. Wenn er in Situationen, in denen man ein bisschen angefressen ist, weil man beispielsweise nicht spielt, beim Nachhausekommen einfach dasteht und strahlt, dann ist das alles vergessen. Dann merkt man ganz schnell, dass es viel wichtigere Dinge gibt als die Frage, ob man im Tor steht oder nicht. Das soll nicht heißen, dass ich mir darüber keine Gedanken mache – ganz im Gegenteil: Das ist mein Job und ich will dafür die beste Leistung geben. Aber Familie ist einfach das Wichtigste, es gibt nichts Schöneres.
Haben sich für dich Prioritäten verschoben?
Ich würde eher sagen, man hat eine andere Verantwortung. Nämlich die Verantwortung für ein Kind. Beispielsweise habe ich für nächste Saison noch keinen Vertrag. Früher hätte ich einfach meine Sachen gepackt und wäre in die nächste Stadt gefahren – jetzt macht man sich schon Gedanken, wie die Zukunft aussehen wird.
Dein Vertrag läuft wie angesprochen 2020 aus – bleibst du den Fans in Ingolstadt denn erhalten?
Noch steht nichts fest. Es ist kein Geheimnis, dass es uns hier in Ingolstadt unglaublich gut gefällt, zudem ist Magnus hier auf die Welt gekommen, das ist auch etwas Besonderes für uns. Es spielen eine Menge Faktoren eine Rolle und ich muss abwarten, ob der ERC Ingolstadt mich noch weiterhin will. Wenn es die Möglichkeit gibt, würden wir sehr gerne bleiben.
Du bist jetzt 34 Jahre alt – auch wenn wir alle hoffen, dass du noch lange auf dem Eis stehst – machst du dir Gedanken über die Zeit nach dem Eishockey?
Jeden Tag, gerade in diesem Alter und wenn noch dazu der Vertrag ausläuft. Ich habe die Verantwortung, eine Familie zu ernähren, dazu kommt bei uns die Option, dass das Leben nach der Karriere in zwei Ländern stattfinden kann. Deshalb mache ich seit zwei Jahren online meinen College-Abschluss, um vorbereitet zu sein, falls die Wahl auf Amerika fällt. Ich beschäftige mich auf jeden Fall mit unserer Zukunft – und das ist auch gut so.
Gibt es etwas, was du am liebsten mit Magnus unternimmst?
Eigentlich alles. Er ist wirklich total easy im Umgang. Meine Frau Brooke nimmt ihn zu jedem Spiel mit, er hat immer einen Riesenspaß und klatscht die ganze Zeit. Er liebt die Fangesänge und springt dabei auf und ab. Mittlerweile hat er auch überrissen, welcher Spieler der Papa ist (lacht). Dann winkt er und zeigt, das ist einfach nur schön. Ich freue mich jeden Tag, wenn ich nach Hause komme und mit ihm spielen kann. Er wird im November ein Jahr alt und es gab noch keinen einzigen Tag, an dem mir das irgendwie zuviel wurde oder genervt hat.
Bist du ein Papa, der auch Windeln wechselt und mal nachts aufsteht oder überlässt du das lieber deiner Frau?
Ich übernehme das volle Programm! Nur nachts habe ich manchmal das Problem, dass ich ihn nicht höre, weil ich zu fest schlafe. Da muss ich hin und wieder geweckt werden. Aber ich betreue ihn auch allein, wenn meine Frau nachmittags Sport macht, das habe ich von Anfang an getan und das ist ja auch meine Aufgabe als Papa.
Deine Frau Brooke ist Amerikanerin, du bist Deutscher – wie wird zuhause mit Magnus gesprochen?
Ich rede nur deutsch mit ihm und Brooke nur englisch. Er ist zwar erst ein Jahr alt, aber er reagiert auf beides und wird sicher beides sprechen und zweisprachig aufwachsen.
Wann wird Magnus bei zwei eishockeyspielenden Elternteilen zum ersten Mal auf dem Eis stehen?
Ich nehme ihn jetzt schon immer mit aufs Eis und fahre ein bisschen mit ihm herum, aber er muss erst richtig laufen lernen. Aber ich habe gehört, dass das Christkind vielleicht schon Schlittschuhe bringt (lacht).