Gänsehaut & Schmetterlinge im Bauch

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Gänsehaut & Schmetterlinge im Bauch

Interview & Foto: Sabine Kaczynski

ERC-Goalie Christian Heljanko liebt Playoffs – und will mit den Panthern so weit wie möglich kommen 

Nach dem langen Ausfall von ERC-Goalie Michael Garteig verpflichteten die Panther im Winter den 27-jährigen Finnen Christian Heljanko, der nach der gewonnenen Hauptrunde nun auch helfen soll, die Playoffs bestmöglich zu gestalten. Im espresso-Interview spricht „Chrisu“ über die bisherige Viertelfinalserie, seine letzte Station in Schweden und plaudert aus dem privaten Nähkästchen über seinen Bruder und seine baldige Vaterrolle.

Ihr steckt gerade mitten in der „geilsten Zeit der Saison“ – was bedeuten dir persönlich die Playoffs?
Es ist tatsächlich die beste Zeit im Jahr. In der Hauptrunde gibt man zwar auch sein Bestes, aber diese Schmetterlinge im Bauch und die massive Motivation, die man braucht, um auf allerhöchstem Niveau zu spielen, gibt es nur in den Playoffs. Ich liebe solche Matches, genau deshalb wollte ich nach Ingolstadt wechseln. Hier habe ich die Chance gesehen, einen langen Frühling auf dem Eis zu erleben.

Eure Viertelfinalspiele sind zusätzlich Derbys – seid ihr dadurch noch motivierter?
In den Playoffs ist es eigentlich egal, gegen wen man antritt. Das spielt eher in der Hauptrunde eine Rolle, wenn einen dadurch volle Hallen und eine tolle Atmosphäre erwarten. Jetzt sehen wir in den Spielen eher die große Herausforderung und gleichzeitig die Riesen-Chance für uns. Unsere Fans sind ohnehin großartig – sowohl zuhause als auch auswärts. Also – ja, es ist ein Derby und wir müssen nicht so weit fahren, aber im Vordergrund steht, dass es um den Einzug ins Halbfinale geht.

Die ersten beiden Spiele des Viertelfinals gegen die Icetigers Nürnberg habt ihr für euch entschieden. Beide waren hart umkämpft – wie siehst du eure Performance in diesen Matches?
Das erste Spiel ist nach einer Pause, wie wir sie hatten, immer hart. Nürnberg dagegen ist durch die drei Partien in den Pre-Playoffs im Spielfluss geblieben und war daher einfach bereiter als wir. Auch für mich persönlich war es nicht einfach, es war überhaupt erst mein siebter Einsatz in diesem Jahr. Ich war es gewohnt, über 70 Spiele pro Saison zu absolvieren, das war diesmal nicht so. Aber ich fühle mich hier von Tag zu Tag besser und werde jetzt wieder in den Rhythmus reinkommen. So haben wir uns im zweiten Match deutlich gesteigert und ich war dann ebenfalls richtig im Spiel.

Spiel drei zuhause war erneut denkbar knapp. Diesmal konntet ihr es jedoch nicht für euch entscheiden…
Es war uns klar, dass Spiel drei das schwierigste wird. Leider haben wir es nicht geschafft, einen dritten Sieg nachzulegen. Aber das ist Schnee von gestern – jetzt kommt es auf die vierte Begegnung am Sonntag an. Ich versuche, mich in die Situation des Gegners zu versetzen und zu ergründen, wie sie denken und das Spiel sehen. Es wird garantiert wieder ein sehr schweres Spiel. Sie wollen gewinnen, werden noch härter auftreten als in den letzten Spielen und alles geben, um die Partie für sich zu entscheiden. Wir müssen also mehr als bereit sein. (Bei dieser Auswärtspartie stand Christian Heljanko dann nicht im Kader, Anm. d. Red.)

Welche Rolle spielen die Fans für eure Perfomance?
Der Support unserer Anhänger ist einfach unglaublich. Das gibt uns wahnsinnig viel Energie, ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich aufs Eis komme. Genau das brauchen wir, wenn wir gewinnen wollen. Für mich ist das eine tolle Erfahrung und ich bin echt froh, dass ich zu den Panthern gekommen bin.

Nach drei finnischen Meisterschaften sowie einem Champions-League-Titel weißt du ja, wie man Trophäen einheimst: Was ist dein Erfolgsrezept?
Das Geheimnis ist, dass ich immer in super Teams gespielt habe. Da geht es nicht um den einzelnen Goalie oder einen Sniper, sondern um die gesamte Mannschaft. In Ingolstadt habe ich vom ersten Tag an gespürt, dass das Team etwas Besonderes ist, jeder kämpft für jeden – deshalb haben wir auch hier eine echte Chance. Aber dafür müssen wir alle unser Bestes geben, und genau darauf müssen wir uns jetzt fokussieren. Aber zurück zu meinen Titeln: Da gibt es kein echtes Geheimnis, die Titel habe ich in einer anderen Liga gewonnen, dort spielt man auch anderes Hockey – ob mir das hier hilft, kann ich gar nicht sagen. Vielleicht kommt es uns zugute, dass ich es gewohnt bin, 50 oder gar 60 Schüsse pro Partie aufs Tor zu bekommen und in Finnland viele Back-to-Back-Spiele (zwei Spiele an aufeinanderfolgenden Tagen, Anm. d. Red.) absolviert habe, die es in Deutschland gar nicht gibt. Ich kann also – von der physischen Seite betrachtet – viele Spiele bestreiten, das gibt mir schon Selbstvertrauen.

Du bist erst im Januar zum ERC gekommen, hast du dich inzwischen ein bisschen in Ingolstadt eingelebt?
Ich mag Ingolstadt und seine Lage inmitten anderer großer Städte. Von Ingolstadt selbst habe mir schon die Innenstadt angeschaut und war auch einmal in München. Ingolstadt hat eine gute Größe, man findet alles, was man braucht – und für mich als finnischen Jungen ist es das Wichtigste, dass das Wetter hier so schön ist (lacht). Wir haben Sonne und 16 Grad – zuhause haben wir gerade Temperaturen um den Gefrierpunkt. Das viele Licht gibt mir eine Menge Energie.

Bei deinem Zwischenstopp in Schweden hast du dich nach eigener Aussage ein bisschen einsam gefühlt, auch den ERC wirst du nach dieser Saison wieder verlassen, um zu deinem Ex-Verein Tappara Tampere zurückkehren. Fühlst du dich in Ingolstadt auch nicht wirklich wohl?
Zunächst kann ich eigentlich gar nichts Schlechtes über meine Zeit in Schweden sagen – es war vielleicht einfach nicht der richtige Ort für mich. Aber hier geht es mir nicht so. Ich wache jeden Morgen glücklich auf und habe die Möglichkeit, gutes Hockey zu spielen. Das war in Schweden nicht der Fall. Das ist niemandes Schuld, manchmal sind die Dinge einfach, wie sie sind. Für mich war es die erste Station außerhalb von Finnland und ich wusste, dass es schwer werden würde. Trotzdem war die Situation ganz anders, als ich sie erwartet hatte, aber ich habe auch viel daraus gelernt. In Ingolstadt dagegen fühle ich mich wirklich wohl, noch dazu erwarten meine Verlobte und ich bald unser erstes Baby.

…. das im April auf die Welt kommen soll – könnte mit den Playoffs knapp werden, oder?
Tatsächlich ist sie seit zwei Wochen wieder in Finnland, es könnte also durchaus sein, dass wir uns das nächste Mal im Kreißsaal wiedersehen. Das Gute ist, dass wir drei ausgezeichnete Goalies im Team haben – und manchmal muss man im Leben halt Kompromisse eingehen. Der Verein wusste vor der Vertragsunterzeichnung, dass sie schwanger ist, es wird also keine Probleme geben. Aber die „Wartezeit“ auf das Baby ist für uns beide nicht so einfach und ich bin wirklich stolz auf meine Verlobte, dass sie mir die Chance gegeben und Verständnis dafür hatte, dass ich in Ingolstadt spielen möchte. Ich hätte ja auch in Schweden bleiben und jetzt bei ihr sein können, stattdessen habe ich mich für das Hockey hier in Ingolstadt entschieden. Ich versuche jetzt einfach, mich darauf zu konzentrieren, dem Team zu helfen und freue mich auf einen Sommer zu dritt mit unserem Baby.

Freust du dich darauf, zum ersten Mal Papa zu werden und wisst ihr schon das Geschlecht des Babys?
Es wird ein Junge und ich freue mich definitiv auf unseren Sohn – auch wenn sich viele Dinge ändern werden. Als wir uns vor drei Jahren einen Hund geholt haben, war ich zunächst ein bisschen skeptisch. Inzwischen sehe ich es als bisher beste Entscheidung unseres Lebens. Es gibt einem so viel, wenn man beispielsweise nach einem schlechten Spiel nach Hause kommt und es wartet jemand, der sich immer auf dich freut. So ähnlich stelle ich mir das auch mit einem Baby vor: Es gibt deinem Leben eine neue Perfektion. Aber vielleicht kann ich dir in einem oder zwei Jahren mehr dazu sagen (lacht).

Dein jüngerer Bruder Rasmus spielt ebenfalls Eishockey – wie ist euer Verhältnis zueinander?
Wir haben sehr enge Beziehung, obwohl wir uns während der Saison nicht so oft sehen. Er stand im letzten Jahr für eine halbe Spielzeit in der DEL2 für die Selber Wölfe auf dem Eis, bevor er zu Beginn der aktuellen Saison nach Polen zu GKS Tychy wechselte. Mit ihnen ist er gerade ins Playoff-Finale eingezogen. Als Kinder haben wir viel draußen miteinander gespielt und davon geträumt, Eishockeyprofis zu werden. Wenn ich vor entscheidenden Partien zu aufgeregt bin, rufe ich mir manchmal ins Gedächtnis, dass ich solche Challenges seit mehr als 20 Jahren annehme und mir darüber keinen Kopf mehr machen sollte, weil ich genau das immer haben wollte. Es sind tolle Erinnerungen, die mir helfen, meine beste Performance abzurufen. Ich freue mich für ihn, dass er in Polen gute Leistungen zeigt und sich dort wohlfühlt, denn glücklich zu sein, ist das Wichtigste im Leben – egal ob man nun Hockey spielt oder nicht. Auch wenn es nicht immer ein Zuckerschlecken ist, bleibt Hockey der beste Job der Welt (lacht).

Auf Instagram gibt es immer wieder Fotos von dir und Rasmus, auf denen du ihn – im Wasser stehend – auf den Schultern trägst….
Ja – im Sommer wird wieder ein neues dazukommen (lacht). Wir haben aus Spaß vor vielen Jahren damit angefangen und versuchen seitdem, jedes Jahr ein ähnliches Foto zu schießen. Manche Leute sagen, wir sollen mal die Positionen tauschen, aber ich habe immer noch ein paar Kilos mehr als er auf den Rippen, also werde ich ihn wohl weiterhin auf die Schultern nehmen müssen (lacht).

Mit 22 Jahren hast du einmal „Mamas Makkaroniauflauf“ als Lieblingsessen genannt – hat sich das geändert oder stimmt das immer noch?
Du weißt, was ein „makaronilaatikko“ ist? Ich liebe diesen Auflauf immer noch, er schmeckt einfach so gut! Inzwischen bereite ich ihn auch selbst zu. In Finnland ist das ein sehr beliebtes Essen.

Du hattest bei deinem Ex-Verein deinen Hund Happy auf dem Helm – gibt es in Ingolstadt ein neues Motiv?
Ich habe zwar einen neuen Helm, aber Happy ist auch diesmal auf der Rückseite!

In Tampere haben die Fans deine Aktionen nach dem Spiel geliebt: Du hast dich auf dein Tor gesetzt, Purzelbäume geschlagen, Tennis gespielt oder dich gegen die Plexiglasscheibe geworfen. Dürfen sich die Ingolstädter Anhänger demnächst auf ähnliche Dinge freuen?
Ich weiß nicht….. Ich bin ja neu und muss mir diese Situation erstmal verdienen. Während der Serie würde ich das sowieso nicht machen. Mal schauen, was passiert, wenn wir das Viertelfinale gewinnen (lacht).

Weicht deine Playoff-Routine von deinem „normalen“ Tagesablauf ab?
Nein, nicht wirklich. Ich bleibe bei den gewohnten Abläufen, die ich auch während der gesamten Saison Tag für Tag durchlebe. Manchmal ändere ich Kleinigkeiten, damit es nicht zu gleichförmig wird, aber mir sind exakt gleiche Abläufe auch gar nicht wichtig. Ich glaube sogar, es ist gar nicht gut, sich an zu vielen Routinen festzuhalten. Mir an Spieltagen ein Schläfchen zu gönnen, ist eigentlich das Einzige, was ich regelmäßig tue.

Hast du einen Wunschgegner fürs Halbfinale bzw. Finale?
Nein – es spielt keine Rolle, auf wen wir treffen. Darüber machen wir uns auch noch gar keine Gedanken, sondern fokussieren uns auf die Viertelfinalserie. Wenn du den Cup holen willst, musst du ohnehin alle Gegner schlagen.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute für die Playoffs!

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