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„Wir müssen wieder eine Arbeitermentalität entwickeln“
FCI-Kapitän Lukas Fröde will mit den Schanzern einen versöhnlichen Saisonabschluss erreichen
Zu Beginn der Saison wechselte Lukas Fröde von Hansa Rostock zu den Schanzern und wurde von Coach Michael Köllner direkt zum Kapitän ernannt. Im espresso-Interview spricht der 29-jährige Mittelfeldspieler über die Entwicklung des FCI, wie er mit der aktuellen Situation umgeht und plaudert aus dem privaten Nähkästchen.
Nach sechs sieglosen Partien in Folge stagniert ihr derzeit auf einem enttäuschenden 11. Tabellenplatz – das kann kaum euer Anspruch sein, oder?
Nein, damit sind wir alle nicht zufrieden – zumal wir auf einem richtig guten Weg waren. Aber wenn zwei oder drei Wochen gute Ergebnisse ausbleiben, führt das in dieser engen Liga leider zu so einer solchen negativen Phase. Das ist die Realität, der wir uns aktuell stellen müssen. In den verbleibenden acht Liga-Partien wollen wir definitiv ein ganz anderes Gesicht zeigen.
Euren letzten Sieg habt ihr gegen Dynamo Dresden gefeiert, seid auf Rang vier geklettert und hattet nur noch zwei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz – eine perfekte Ausgangssituation. Doch danach folgte der Absturz auf Rang 11: Was ist passiert?
Fußball ist multifaktoriell, es spielen ganz viele Dinge eine Rolle. Ich fand nicht all unsere Performances auf dem Platz – in den Partien nach dem Dresden-Spiel – gravierend schlechter als zuvor. Fußballspiele werden häufig durch Kleinigkeiten entschieden, oft gehört auch ein Quäntchen Glück dazu, damit es rund läuft. Das hatten wir in der letzten Zeit einfach nicht. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass es unserer sportlichen Entwicklung nicht gutgetan hätte, den Sieg über Dresden auf der 20-Jahres-Feier des Vereins auszukosten und sich dort viele Schulterklopfer abzuholen. Für mich sind das aber eher Nebenschauplätze – ich glaube nicht, dass noch irgendjemand am darauffolgenden Wochenende im Grünwalder Stadion das Fest im Kopf hatte und sich dadurch nicht auf die Begegnung gegen 1860 München fokussieren konnte. Von derartigen „Verknüpfungen“ als Erklärungsversuch bin ich absolut kein Fan.
Wie kommt ihr jetzt aus dem Abwärtsstrudel wieder heraus?
Wir müssen die Situation annehmen. Der Blick in Richtung der oberen Tabellenplätze macht keinen Sinn – jetzt müssen wir eher einen Schritt zurückgehen, uns auf die Basics sowie unsere Tugenden besinnen, die uns in 2023 stark gemacht haben, und wieder eine Arbeitermentalität entwickeln. Das wird generell für den FC Ingolstadt 04 in Zukunft der richtige Weg sein, denn nur in der Vergangenheit zu schwelgen und an die Aufstiege bis in die Bundesliga zu denken, hilft uns nicht weiter. Natürlich wertschätzen wir die Strukturen, die aus diesen Erfolgen entstanden sind – aber wir müssen uns aktuell in der 3. Liga behaupten – und die ist alles andere als einfach. Das sieht man am Beispiel der Saarbrücker Mannschaft, die im DFB-Pokal drei Bundesligisten eliminiert – und ihr anschließendes Drittligaspiel jeweils verloren hat. Wir müssen also vor jedem Gegner gewarnt, uns aber gleichzeitig unserer Stärken bewusst sein, dann können wir auch weiterhin jeden Kontrahenten schlagen, davon bin ich felsenfest überzeugt.
Wie sehr ärgert es dich, dass du deiner Mannschaft in dieser prekären Phase aufgrund einer Rotsperre nach einem umstrittenen Platzverweis nicht helfen konntest?
Das ist extrem ärgerlich. Für mich gehört auch das zu den Faktoren, die zu unserer aktuellen Situation beigetragen haben, hinzu. Auch wenn man immer sagt, dass sich diese Entscheidungen im Laufe der Saison ausgleichen, wurden uns in dieser Spielzeit schon viele solcher Steine in den Weg gelegt. Es war bereits mein zweiter Platzverweis – der erste davon eine große Farce, der zweite zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen. Aber das muss man aushalten – wobei ich mich immer noch über die Sperre nach der Roten Karte im Spiel gegen Dresden ärgere.
Wie motivierst du dich persönlich in solchen Negativ-Phasen?
In Ingolstadt fällt mir das überhaupt nicht schwer, weil ich in meiner Rolle als Kapitän ein großes Verantwortungsbewusstsein habe, sowohl in Bezug auf die Mannschaft als auch auf den Klub. Ich habe in den letzten Monaten mit vielen Menschen in der Geschäftsstelle und generell im Verein gesprochen, war auch in Kontakt mit unserer Inklusionsmannschaft, den „Elf Freunden“ und habe an der gemeinsamen Vereinsfahrt nach Regensburg teilgenommen. Auf der Schanz erlebe ich sehr viele Leute, die nicht nur eine Top-Arbeit abliefern, sondern mit ihrem Herzen am Verein hängen und täglich dafür sorgen, dass alles reibungslos funktioniert. Umso größer ist die Verantwortung, die wir als Sportler tragen – die spüre ich als Kapitän umso mehr und habe daher keine Probleme, mich zu motivieren. Vielmehr sehe ich es als meine Aufgabe, auf jeden in allen Bereichen positiv einzuwirken.
Jetzt steht die zweiwöchige Länderspielpause an – kommt die deiner Meinung nach gelegen oder eher zur Unzeit?
Wir treffen uns danach einfach erneut, dann beantworte ich die Frage gerne nochmal (lacht). Spaß beiseite, das ist immer Spekulation – man macht solche und solche Erfahrungen. Wichtig ist, dass wir die Zeit gut nutzen, etwa beim Testspiel gegen den 1. FC Nürnberg, das uns sicher alles abverlangen und ein guter Gradmesser sein wird (Anm.d.R.: Der FCI entschied die Partie mit 2:0 für sich). Auch körperlich können wir uns für die restlichen Wochen nochmal etwas draufpacken.
Hast du in der Pause als Kapitän abseits des Platzes irgendwelche „Sonderaktionen“ geplant, um das Team auf den Rest der Saison einzuschwören?
Klar! Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um einen zweiten Barthelmarkt zu organisieren – das ist mir leider nicht gelungen (lacht). Wir waren in dieser Beziehung immer kreativ und aktiv und haben gemeinsam etwas unternommen, sei es ein Essen oder eine sportliche Aktivität. So waren wir beispielsweise bereits beim Bowling, beim Dart-Spielen und haben das ein oder andere bayerische Volksfest besucht. Da fällt uns jetzt sicher etwas Neues ein, denn der Zusammenhalt im Team ist sehr wichtig – in solchen Phasen vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Ein Allheilmittel ist es aber sicher nicht.
Euer Ziel, mehr Zuschauer in den Audi Sportpark zu locken, habt ihr mit einem Schnitt von rund 5500 Fans nicht wirklich erreicht. Wie könnt ihr den FCI wieder attraktiver machen?
Für die Antwort reicht ein Wort: Gewinnen! Wir waren auf einem richtig guten Weg, hatten eine super Serie hingelegt, viele Tore geschossen und tollen Offensivfußball gezeigt. Leider ist uns das abhandengekommen. Im Fußball kannst du dich auf den Kopf stellen, ein Rad schlagen oder tolle Management-Entscheidungen treffen – die Fans werden am Ende nur begeistert sein, wenn sie Tore und Siege bejubeln können. Genau das ist unser Job und den müssen wir in der restlichen Saison wieder erledigen.
In deiner bisherigen Karriere hast du schon Stationen in ganz Deutschland durchlaufen –
wo hast du dich am wohlsten gefühlt?
In einem Lied, das im Weserstadion läuft, heißt es nicht umsonst „In Bremen, da lässt sich‘s gut leben“. Bremen war für mich als Sportler meine prägendste Zeit – ich habe bei Werder alle Jugendteams durchlaufen und die ersten Schritte im Profifußball gemacht. Aber ich bin dort auch erwachsen geworden, zudem ist meine Frau Bremerin. Daher würde ich diese Stadt auf jeden Fall als unsere Heimat bezeichnen, aber wir fühlen uns auch in Ingolstadt sehr wohl und sind total gerne hier.
Was magst du denn an Ingolstadt?
Die Lebensqualität ist hier schon sehr hoch. Zudem habe ich bisher fast ausschließlich nette Menschen getroffen, die auch deutlich offener sind, als ihnen außerhalb Bayerns nachgesagt wird. Zudem mag ich die Nähe zu den Alpen, weil ich gerne in den Bergen aktiv bin.
Du hast 2020 nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies erstmal auf Fleisch verzichtet – bist du dabei geblieben?
Ja, das habe ich beibehalten. Generell hatte man während der Pandemie Zeit, verschiedenste Dinge zu hinterfragen, aus dem täglichen Hamsterrad auszubrechen und über den Tellerrand hinauszuschauen. Nach der Meldung in den Medien habe ich mich damals mit den Zahlen beschäftigt, die dort „produziert“ werden. So muss man das leider bezeichnen, obwohl es sich um Lebewesen handelt. Das hat mich zum Umdenken bewogen und ich habe inzwischen ein anderes Bewusstsein zu diesem Thema. Ich verurteile aber niemanden, der anderer Meinung ist. Persönlich ernähre ich mich seitdem überwiegend vegetarisch, wenn möglich auch vegan.
Hast du dadurch in Bezug auf Leistungsfähigkeit eine Veränderung bei deinem Körper wahrgenommen?
Überhaupt nicht – weder in die eine noch in die andere Richtung.
In einem Beitrag wurdest du als – damals beim KSC – bestangezogener Spieler bezeichnet. Ist dir Mode wichtig und bist auch der bestgekleidete Schanzer?
Mode ist mir schon wichtig. Ich bin allerdings kein Mensch, der extrem eitel ist. Generell habe ich aber schon das Gefühl, dass die Klamotten, die ich mir morgens immer raussuche, eigentlich schon ganz gut zusammenpassen. Ob ich der bestgekleidete Spieler bin, das sollen aber dann andere beurteilen, jedoch würde ich mich schon im oberen Feld sehen (lacht).
Zurück zum Fußball: Nach der Länderspielpause warten die Auswärtspartie gegen Unterhaching und danach das Heimspiel gegen Bielefeld auf euch – was habt ihr euch für die beiden Spiele vorgenommen?
Gegen Unterhaching und Bielefeld wollen wir natürlich wieder punkten und unser eigentliches Gesicht zeigen. Um das zu erreichen, gilt es in den nächsten Wochen hart zu arbeiten.
Wo wünschst du dir den FC Ingolstadt am Ende der Saison?
Am Ende der Saison wird sich zeigen, wohin der Weg führt. Vorhersagen – gerade in dieser Liga, in der wirklich jeder jeden schlagen kann – sind sehr schwer zu tätigen. Ich wünsche mir natürlich, dass wir noch einen guten Tabellenplatz erreichen, um die Saison versöhnlich zu Ende zu bringen. Ziel muss es sein, einen gewissen Schwung und viel Mut in die neue Spielzeit mitzunehmen, um den Gegebenheiten hier vor Ort auch gerecht zu werden. Aber der Fokus ist aktuell auf dem nächsten Spiel, so sind wir immer am besten gefahren.
Vielen Dank für das Gespräch, Lukas!
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