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Vom Kinderzimmer auf die Schanz
FCI-Winterneuzugang Valmir Sulejmani will bei den Schanzern den nächsten Schritt gehen
Trotz der schon damals prekären Tabellensituation des FCI hat sich der 26-jährige Valmir Sulejmani im Februar für einen Wechsel zu den Schanzern entschieden. Der Stürmer kommt vom Ligakonkurrenten Hannover 96 und bleibt den Ingolstädtern auch nach dem bitteren Abstieg erhalten. Was er sich mit seinem Team für die restlichen Spiele und in der kommenden Saison vorgenommen hat, was ihm seine Familie bedeutet und welchen Beruf er fast ergriffen hätte, verrät der Stürmer im espresso-Interview.
Nach dem Sieg gegen Aue, dem Unentschieden gegen Regensburg und der bitteren Heimniederlage gegen Paderborn hat das Unentschieden gegen Karlsruhe nicht mehr für den Klassenerhalt gereicht – wie groß ist die Enttäuschung über den Abstieg?
Natürlich haben wir uns das ganz anders vorgestellt. Wir haben das Spiel zu Hause gegen Aue gewonnen, danach gehen wir in Regensburg – auch dank der wahnsinnig tollen Unterstützung unserer Fans – vielleicht etwas glücklich in Führung, mussten dann jedoch den bitteren Ausgleich kassieren. Wir dachten: Jetzt kann es weiter stetig nach vorne gehen. Die Chancen dazu waren da. Wir hatten uns sehr gut auf die Partie gegen Paderborn eingestellt. Dann bekommen wir den Elfmeter gegen uns, laufen dem Rückstand hinterher, nutzen die wenigen Möglichkeiten, die wir haben, nicht – so wurde es leider schwer, in dieser Liga zu verweilen. Wir wollten trotzdem alle Hebel in Bewegung setzen, um unseren Traum vom Klassenerhalt weiter aufrechtzuerhalten. In der kurzen Trainingswoche konnten wir uns nicht so viele Gedanken machen, wir wollten beim KSC befreit aufspielen. Wir hatten nichts zu verlieren, wollten die Konkurrenz ärgern und zeigen, dass wir zweitligatauglich sind. Leider konnten wir jedoch die 2:0-Führung in Karlsruhe nicht halten und der Abstieg ist nun endgültig besiegelt. Das tut wahnsinnig weh.
Wie ist aktuell die Stimmung im Team?
Trotz der Riesen-Enttäuschung stimmt die Einstellung der Mannschaft, wir machen weiter und wollen in den letzten Partien vor allem für unsere Fans spielen.
Es stehen nun zwei Heimspiele gegen den HSV und Rostock an. Was habt ihr euch für die letzten beiden Partien vor heimischem Publikum vorgenommen?
Wir freuen uns auf die Gegner, zumal Hamburg sicherlich viele Fans mitbringt. Natürlich wollen wir in den letzten Heimspielen einen guten Auftritt hinlegen und unseren Fans am liebsten ein Torfestival wie gegen Nürnberg – zumindest aber gute Spiele bieten, vor allem, um unseren Anhängern zu zeigen, dass es sich auch zukünftig lohnt, ins Stadion zu kommen.
Das letzte Saisonspiel findet dann an deiner alten Wirkungsstätte gegen deinen Ex-Verein Hannover 96 statt – mit welchen Gefühlen wirst du in die Partie gehen?
Ich habe 15 Jahre dort gespielt, kenne nicht nur den Verein, sondern auch die Stadt und das Umfeld sehr gut. Für mich persönlich wird es daher bestimmt ein sehr emotionales Erlebnis, gegen meinen Ex-Verein anzutreten. Es werden sicherlich viele Freunde und natürlich auch meine Familie da sein. Nichtsdestotrotz: Ein Sieg zum Saisonabschluss wäre natürlich toll. Meine Zeit in Hannover war zwar sehr schön, aber ich habe mich im Winter bewusst für den FC Ingolstadt 04 entschieden, wurde super aufgenommen und fühle mich hier auch sehr wohl.
Dein Vertrag läuft über die Saison hinaus – wirst du den Schanzern also beim Neuanfang in Liga 3 helfen?
Ich habe noch einen gültigen Vertrag und wusste bei meinem damaligen Wechsel um die Tabellensituation der Schanzer – ich habe mich also bewusst dieser Aufgabe gestellt. Auch die dritte Liga kenne ich gut. Sie wurde in den letzten Jahren immer attraktiver.
Du bist im Februar zu den Schanzern gestoßen, seitdem zwar in jedem Spiel zum Einsatz gekommen, hattest aber zumeist nur Kurzeinsätze – wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Bilanz?
Der Start mit dem Tor im ersten Spiel war natürlich perfekt, aber mir hat nach den wenigen Einsätzen in Hannover schon etwas Spielpraxis und Fitness gefehlt. Direkt zu zünden ist dann schwer, zumal man erst die Mitspieler kennenlernen und sich ein bisschen eingewöhnen muss. Klar wünscht man sich, immer zu spielen, aber letztlich ist das die Entscheidung des Trainers, der ich mich voll und ganz unterordne. Mittlerweile bin ich physisch wieder auf meinem gewünschten Niveau, werde aber weiter hart an mir arbeiten, Gas geben und versuchen, mich im Training zu empfehlen, um der Mannschaft so helfen zu können.
Hast du dich nach knapp drei Monaten schon ein bisschen in Ingolstadt eingewöhnt?
Natürlich ist jeder Anfang schwer. Wenn man von Norddeutschland nach Bayern kommt, ist zum Beispiel der Dialekt ein wenig anders (lacht). Aber ich habe sehr schnell eine Wohnung gefunden und inzwischen die Stadt schon etwas erkundet, die ja viel Historie aufweist. Das interessiert mich sehr. Ich fühle hier mich sehr wohl, die Menschen sind sehr hilfsbereit und freundlich.
Du hast oft betont, wie wichtig für dich deine Familie ist. Jetzt ist die Distanz zur Heimat doch recht groß. Wie kommst du damit klar?
Das bringt mein Beruf mit sich, ich hatte auch schon Stationen in Berlin und zuletzt Mannheim, bevor ich wieder nach Hannover zurückgegangen bin. Vielleicht war es ein Fehler, dort wieder zu Hause in mein altes Kinderzimmer einzuziehen (lacht) – aber das ist halt unsere Kultur. Andererseits war es während der Coronazeit auch gut, mit der Familie zusammen zu sein, die mir Rückhalt gibt und mich stärkt. Ohne sie wäre ich nicht da, wo ich heute bin, daher versuche ich, sie auch regelmäßig zu besuchen, denn natürlich vermisst man seine Freunde und Familie. Schlimmer ist es für meine Mutter, glaube ich (schmunzelt). Denn egal, wie alt man ist: Mama bleibt halt einfach Mama. Es fällt ihr sicherlich schwer, in mein Zimmer zu gehen, wenn ich nicht da bin – teilweise wird sie auch recht emotional. Aber wir telefonieren oft miteinander. Ich hole mir zum Beispiel gerne Kochtipps. Früher habe ich auch mal nachgefragt, wie das gleich nochmal mit der Wäsche und der Waschmaschine ging (lacht). Auch zu meinen drei Schwestern habe ich einen ganz guten Draht und es hilft in unserer schwierigen sportlichen Situation, auch mal abzuschalten, um sich dann wieder auf den Fußball zu fokussieren. Gut, dass man inzwischen mit der ganzen Familie gleichzeitig über WhatsApp telefonieren kann (lacht).
Persönlich ist es mein Ziel, mich zum Stamm- und Führungsspieler zu entwickeln und der Mannschaft mit vielen Scorerpunkten zu helfen
Vor einiger Zeit hattest du in einem Interview angekündigt, deine Haare kurz schneiden zu lassen – du trägst aber noch immer einen Man Bun. Geht es in Ingolstadt zum Friseur?
Ich habe in Hannover den Friseur meines Vertrauens, wenn ich ihm fremdgehe, gibt’s Ärger (lacht)! Im Ernst: Meine Schwester macht eine Ausbildung zur Friseurin und schneidet meine Haare. Gerade braucht sie wieder Modelle zum Üben. Meine Mutter würde allerdings bei drei Töchtern mit langen Haaren bei mir durchaus lieber einen Kurzhaarschnitt sehen (lacht). Vor viereinhalb Jahren habe ich mir nach einer schweren Verletzung die Haare erstmals wachsen lassen, seitdem ist die Frisur mein Markenzeichen geworden. Abschneiden geht schnell, aber wachsen lassen… mal schauen.
In deinem Kleiderschrank finden sich hauptsächlich gedeckte Töne – magst du keine farbigen Klamotten?
Doch eigentlich schon – grün und blau steht mir angeblich ganz gut (lacht). Ich trage einfach gerne schlichte Farben wie schwarz, weiß oder beige, da macht man nichts falsch. Generell achte ich aber schon auf Mode und Style, vor allem was Schuhe betrifft.
Achtest du auf deine Ernährung?
Ja, sehr. Einer meiner besten Freunde erstellt mir einen Ernährungs- und Fitnessplan, an den ich mich auch weitestgehend halte. Trotzdem gibt’s, wenn ich meine Familie zuhause besuche, auch mal Ausnahmen, die nicht gänzlich gesund sind (schmunzelt). Was Mama kocht, ist aber nunmal alles lecker – da darf man sich auch mal was gönnen – bin ich nämlich wieder in Ingolstadt, achte ich wieder strikt darauf, was auf meinem Teller landet.
Was isst du dann am liebsten bei deiner Mama?
Pide Börek oder Bohnensuppe, aber auch zu dem einen oder anderen Nachtisch kann ich nicht „Nein“ sagen.
Du hast mal Lesen als Freizeitbeschäftigung genannt – was ist deine aktuelle Lektüre?
Durch den Umzug nach Ingolstadt bin ich noch gar nicht so richtig zum Lesen gekommen, aber ich mag Biografien, etwa von Robert Lewandowski oder Zlatan Ibrahimovic. Beim Lesen kann man prima runterkommen, das Wetter genießen und gleichzeitig noch etwas dazulernen.
Was fasziniert dich an Muhammad Ali, den du häufig als Vorbild nennst?
Seine Art, wie er als Mensch, aber auch als Sportler war. Er hat immer alles aus sich herausgeholt sowie unglaubliche Leistungen gezeigt und hatte dabei immer seine eigene Meinung. Auch seine Zitate finde ich sehr interessant.
Für welchen Beruf hättest du dich entschieden, wenn du nicht Profifußballer geworden wärst?
Mein Traum war es immer, Polizist zu werden. Wenn du eine Uniform trägst, zollt dir jeder Respekt. Tatsächlich macht eine meiner Schwestern derzeit eine Ausbildung zur Polizistin, was ich sehr gespannt verfolge. Ich habe mich damals nach der Schule – nach langem Hin und Her – aber doch für den Fußball entschieden.
Kommen wir zurück zum Fußball: Was war ausschlaggebend für deinen Wechsel zu den Schanzern und welche Ziele hast du persönlich und mit der Mannschaft für die kommende Saison?
Es gab schon im vergangenen Jahr die Option, zum FC Ingolstadt 04 zu wechseln, damals kam der Transfer jedoch nicht zustande. Im Winter wurden die Gespräche dann konkreter, zudem haben viele ehemalige Spieler vom FCI und den guten Bedingungen geschwärmt. Daher habe ich im Februar nicht lange gezögert. Persönlich ist es mein Ziel, mich zum Stamm- und Führungsspieler zu entwickeln und der Mannschaft mit vielen Scorerpunkten zu helfen. Mit dem Team möchte ich natürlich so schnell wie möglich wieder aufsteigen.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Seit der Gründung des Vereins vor 20 Jahren ist Peter Jackwerth Präsident des FC Ingolstadt – nun fordert ihn der ehemalige National- und Bundesligaspieler Christian Träsch heraus. Seine Ziele: die Schanzer in die 2. Bundesliga führen und wieder eine Identifikation der Stadt und der Bevölkerung mit dem Verein schaffen.
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