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„Meine gesamte Amtszeit war geprägt von einem permanenten Krisenmodus“

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„Meine gesamte Amtszeit war geprägt von einem permanenten Krisenmodus"

Reinhard Brandl strebt in diesem Jahr seine vierte Amtszeit als Bundestagsabgeordneter an | Foto: Tobias Koch

Seit 2009 vertritt Reinhard Brandl die Interessen der Region Ingolstadt im Bundestag. Im großen espresso-Interview zur Bundestagswahl lässt der 44-Jährige seine politische Karriere Revue passieren, gibt persönliche Einblicke und stellt sich kritischen Fragen zum Wahlprogramm der CDU/CSU.

Herr Brandl, Sie führen seit 12 Jahren ein Leben zwischen Berlin und Eitensheim. Fühlt sich dieses Leben so an, wie Sie es sich vorgestellt hatten?

Ehrlich gesagt ging damals bei meiner ersten Wahl 2009 alles sehr schnell. Ich hatte nur wenige Wochen Zeit zu überlegen, ob ich tatsächlich antreten würde. Eine konkrete Vorstellung hatte ich mir daher gar nicht gemacht. Es ist auch schwer, sich die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten von außen vorzustellen. Überrascht hat mich, dass der Job so vielseitig ist. Ein typischer Tag sieht bei mir so aus: In einem Moment geht es um eine Lärmschutzwand, der nächste Termin ist zu Afghanistan, dann geht es um eine Krankenhausfinanzierung und am Schluss bin ich noch an der Technischen Hochschule für ein Forschungsprojekt. Das ist eine Herausforderung, weil man sehr viele komplett unterschiedliche Themenfelder zu bearbeiten hat. Politiker ist eben kein 9-to-5-Job, sondern ein Leben, auf das man sich einlassen muss. Aber darin liegt für mich auch der Reiz.

Können Sie sich noch an das Gefühl erinnern, als Sie am 27. September 2009 zum ersten Mal in den Bundestag gewählt wurden?

Das war pure Erleichterung. Ich bin ja damals einfach ins kalte Wasser gesprungen, ohne genau zu wissen, was auf mich zukommen würde. Der Wahlkampf hat mir viel Kraft abverlangt. In dieser Dimension habe ich das zum ersten Mal gemacht. Man trifft auf so viele neue Leute, die Bürgermeister und Behördenleiter kannten mich noch nicht, überall war ich ein weißes unbeschriebenes Blatt und so war ich unter permanenter Anspannung. Ich weiß noch, zwei Tage nach der Wahl waren wir auf einem Empfang bei der Deutschen Bischofskonferenz, wo wir als neu gewählte Abgeordnete empfangen wurden. Ich saß auf einem sehr weichen bequemen Stuhl. In diesem Moment hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass die ganze Anspannung der letzten Wochen auf einmal von mir abfällt. Und ich habe noch auf dem Stuhl gemerkt, wie mein Körper alles herunterfährt und ich krank werde. (lacht)

Sie sind 1993 mit 16 Jahren der JU beigetreten, der Beginn Ihrer politischen Karriere. Was war damals für Sie der ausschlaggebende Grund, in die Politik zu gehen?

Als ich 16 war, war das große Thema in meinem Heimatort Eitensheim die Umgehungsstraße. Wir hatten damals noch keine Umgehungsstraße so wie heute, sondern vor meinem Zimmerfenster sind jeden Tag 11.000 Autos vorbeigefahren. Wir als junge Generation wollten, dass der Gemeinderat das Thema schneller angeht. Das war unter anderem ein Auslöser dafür, dass wir die Junge Union in Eitensheim gegründet haben. Als eines unserer ersten Projekte haben wir ein Modell für die Unterführung gebastelt, die im Zuge der neuen Umgehungsstraße gebaut werden sollte. Dafür haben wir Dachlatten, Silofolie und Europaletten verwendet und unser Modell auf dem Kirchplatz präsentiert. So konnten die Eitensheimer testen, ob ihnen die Unterführung groß genug wäre, indem sie mit ihrem Bulldog oder Radel durchfahren konnten. Das hat schließlich den Prozess hin zum Bau der Umgehungsstraße beschleunigt. Ein paar Jahre später ist sie dann tatsächlich gebaut worden. Dieser Moment war für mich ein Schlüsselerlebnis. Ich hatte damals als 16-Jähriger schon das Gefühl, dass man mit guten Ideen, Engagement und konstruktiver Mitarbeit durchaus politisch etwas für den Ort, in dem man lebt, bewegen kann. Im Laufe der Zeit habe ich dann erkannt, dass die CSU meine politische Heimat ist und mich dann ein paar Jahre später für die CSU entschieden.

Alles, was uns in der Region in den letzten Jahren stark gemacht hat, verändert sich gerade

Reinhard Brandl ist einer von 709 Abgeordneten, die im Bundestag die Geschicke unseres Landes leiten. Freizeit bleibt da kaum noch: „Bundespolitiker ist kein 9-to-5-Job, sondern ein Leben, auf das man sich einlassen muss“ | Foto: Tobias Koch

Zur Person: Reinhard Brandl, geboren 1977 in Ingolstadt, wuchs im beschaulichen Eitensheim auf, wo er als Jugendlicher erste politische Erfahrungen sammelte. Nach seinem Abitur in Eichstätt absolvierte er seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr und trat 1997 der CSU bei. Er studierte Wirtschaftsinformatik in Karlsruhe und Grenoble und promovierte anschließend an der TU München an der Fakultät für Informatik. Bevor er 2009 überraschend den Einzug in den Bundestag schaffte, hatte er zuletzt als Berater bei Boston Consulting in München gearbeitet.

Hatten Sie damals politische Vorbilder?

Ich fand als junger Mensch Edmund Stoiber gut. Er hat mit seiner High-Tech-Offensive und der gezielten Förderung von Wissenschaft und Forschung den Grundstein für das moderne Bayern gelegt. In Ingolstadt hat diese Politik zum Beispiel zur Gründung der Fachhochschule geführt.

Ein Erbe, das Sie jetzt weiterführen.

Unser Wohlstand heute basiert auf Entscheidungen der Vergangenheit. Man sollte jetzt aber auch nicht die Vergangenheit anbeten und verklären, sondern lieber darauf schauen, welche Chancen in der Zukunft liegen. Da gibt es viele Bereiche und ich versuche meinen Teil dazu beizutragen, dass die Region Ingolstadt gut positioniert ist.

Wie hat sich Deutschland Ihrer Meinung nach in den Jahren, in denen Sie im Amt sind, verändert?

Die letzten 12 Jahre waren geprägt von aufeinanderfolgenden Krisen. Begonnen hat es mit der Finanzkrise, dann kamen die Wirtschafts- und die Eurokrise. Danach die Ukraine-Krise, die Flüchtlingskrise, die Klimakrise und zum Schluss die Corona-Krise. Meine gesamte Amtszeit war geprägt von einem permanenten Krisenmodus. Ich finde aber, dass sich unser Land trotz dieser Krisen gut entwickelt hat. Bis zur Corona-Pandemie haben wir eine gute wirtschaftliche Entwicklung genommen. Deutschland ist sozialer geworden, technologisch weiterentwickelt. Es geht natürlich immer besser, aber in Summe bin ich trotz der schwierigen Umstände zufrieden. Die Corona-Krise stellt natürlich im Moment wieder alles auf den Kopf.

Ist die Corona-Pandemie die größte Krise in Ihrer Amtszeit?

Nicht nur das. Es ist die größte Krise für unser Land seit dem Zweiten Weltkrieg. Es ist uns aber gelungen, das Gesundheitssystem und die Normalversorgung aufrecht zu erhalten. Und auch die meisten Arbeitsplätze sind uns trotz der Einschränkungen erhalten geblieben. Wir werden sicher in den nächsten Jahren noch die Konsequenzen spüren, aber im Großen und Ganzen, wenn man bedenkt, vor welch großer Herausforderung unser Land stand, sind wir vergleichsweise gut durchgekommen. Eine Institutionenkrise wie zum Beispiel in Frankreich ist uns erspart geblieben.

Lassen Sie uns einen Blick auf Ingolstadt werfen. Auf welche Erfolge für Ingolstadt in Ihrer Zeit als MdB sind Sie besonders stolz?

In den letzten Jahren ist es gelungen, die Anzahl der ICE-Halte in Ingolstadt um ca. 20 Prozent zu steigern und in Brunnen und bei der AUDI jeweils einen neuen Bahnhalt einzurichten. Ein weiterer Erfolg ist die Förderung des Zweiten Grünrings. Letztendlich werden 90 Prozent der Kosten für den Rosengarten in Oberhaunstadt, für den Max-Emanuel-Park in Etting und für das Lohenprogramm im Süden der Stadt vom Bund übernommen. Weitere Erfolge waren die Förderung der Sanierung des Georgianums durch den Bund, der Ausbau der Technischen Hochschule, insbesondere auch mit dem Standort in Neuburg, und dass es uns mit der „Urban Air Mobility“-Initiative gelungen ist, zivile Luftfahrt in die Region zu holen.

Welche Pläne haben Sie noch für Ingolstadt?

Mein großes Ziel ist es, unsere Region in einer Phase der Transformation begleiten zu dürfen. Das wird eine der größten Herausforderungen der letzten Jahrzehnte. Die Automobilindustrie befindet sich im Umbruch, ebenso Media-Saturn als großer Arbeitgeber, Airbus, die Raffinerien – alles, was uns in der Region in den letzten Jahren stark gemacht hat, verändert sich gerade. Ich sehe es als eine meiner Hauptaufgaben, die Region so aufzustellen, dass wir auch in 20 Jahren noch den Wohlstand von heute haben. Dazu müssen wir in Ingolstadt neue Arbeitsplätze ansiedeln, denn es werden auch alte Arbeitsplätze verschwinden.

Mir ist wichtig, dass der Klimaschutz nicht zu einer De-Industrialisierung in Deutschland führt

Foto: Tobias Koch

Das wird vor allem die Automobilindustrie treffen. Wie wird sich das auf Ingolstadt und die Wirtschaft vor Ort auswirken?

Audi hat ja das Ende des Verbrennungsmotors verkündet. Die Marke wird 2025 ihr letztes Modell mit Verbrennungsmotor vorstellen. Ich halte es für eine sehr riskante Strategie, nur auf Elektromobilität zu setzen. Ich würde mir wünschen, dass wir noch länger technologieoffen bleiben – gerade mit Blick auf synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff. Aber das ist eine Entscheidung des Konzerns. Die Folgen werden sein, dass sich insbesondere die Zulieferer-Industrie in Ingolstadt massiv verändern wird. Es werden viele Arbeitsplätze aus dem Bereich des Verbrennungsmotors wegfallen. Gleichzeitig hoffen wir, dass neue Arbeitsplätze beispielsweise im Bereich Software entstehen. VW hat entschieden, seine neue Software-Organisation mit dem Schwerpunkt in Ingolstadt auf dem IN Campus anzusiedeln. Das ist eine gute Nachricht und ein Erfolg der regionalen Politik. Ohne die Initiative der Stadt und der Hilfe des Freistaats gäbe es heute dieses Gelände nicht.

Nun werden nicht alle, die ihre Jobs durch die Neuausrichtung von Audi verlieren, auf dem IN Campus Fuß fassen können.

Wir haben im Moment noch eine gute Arbeitsmarktsituation. Der Arbeitsmarkt nimmt frei werdende Arbeitskräfte noch gut auf. Das wird aber nicht dauerhaft der Fall sein. Ingolstadt muss sich neu erfinden. Wir haben in der Vergangenheit schon mehrmals Wechsel durchlaufen. Ursprünglich waren wir ein Raffinerie-Standort, jetzt sind wir Automobil-Standort, vielleicht werden wir – und das wäre zu hoffen – in Zukunft ein Software-Standort sein.

Lassen Sie uns über das Wahlprogramm der CDU/CSU sprechen. Es werden darin viele Versprechungen gemacht – keine Steuererhöhungen, Steuererleichterungen für Unternehmen, Rentensicherung, Klimaschutz, Entfesselung der Wirtschaft –, obwohl wir durch die Corona-Pandemie vor einem gewaltigen Schuldenberg stehen. Wie soll das alles bezahlt werden

 Unser Ziel ist es, ein Wirtschaftswachstum zu entfesseln, um so wieder einen höheren Anteil an Steuern zu gewinnen. Wenn wir das schaffen, gibt es auch wieder finanzielle Spielräume. Wir leben gerade in einer volatilen Zeit. Die Voraussetzung für eine gute Zukunft wäre, dass wir wieder auf den Wachstumspfad kommen. Und dass wir so wieder Arbeitsplätze schaffen und damit den Grundstein für weiteren Wohlstand und Investitionen legen.

Reicht es, auf ein Wirtschaftswachstum zu hoffen? Immerhin stehen wir mit der Klimakrise vor einem weiteren riesigen Kostenberg, den wir noch gar nicht abschätzen können.

Ich glaube, dass Steuererhöhungen im Ergebnis nicht zu mehr Steuereinnahmen führen werden. Wir müssen stattdessen dafür sorgen, dass die Leute Leistung bringen, dass es Wachstum gibt. Wir haben es schon einmal geschafft. 2009 hatten wir auch ein Rekord-Defizit im Haushalt. Da haben wir es geschafft, den Haushalt bis 2013 zu konsolidieren und von 2013 bis 2019 keine neuen Schulden mehr zu machen. Wir haben gezeigt, dass wir solide haushalten können. Das war übrigens auch unsere Stärke in der Corona-Pandemie. Nach dem Motto „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ haben wir sechs Jahre lang keine Schulden gemacht, wodurch wir in der Pandemie die Kraft hatten, mit Kurzarbeit und Überbrückungshilfen dagegen zu wirken.

Die Situation in Afghanistan ist ein Versagen der gesamten westlichen Welt

Als außenpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe hängen Reinhard Brandl die Belange der Bundeswehr besonders am Herzen.

An der Schuldenbremse wollen Sie also auf jeden Fall festhalten?

Genau für solche Situationen wie jetzt haben wir die Schuldenbremse ins Grundgesetz eingeführt. Wir werden nicht innerhalb von einem Jahr die Neuverschuldung auf Null herunterschrauben können, aber es muss unser Ziel sein in den nächsten Jahren, dass der Staat mit dem Geld auskommt, das er einnimmt. Nur so können wir der Herausforderung des demografischen Wandels begegnen. Die Anzahl derer, die im Arbeitsleben stehen, wird deutlich sinken, die Anzahl der Menschen im Ruhestand wird steigen. Wir müssen der Generation in 10 und in 20 Jahren auch noch die Möglichkeit geben, politisch zu gestalten. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Deswegen ist es im Sinne der Nachhaltigkeit, dass der Staat mit dem Geld auskommt, das er einnimmt.

Markus Söder hat kürzlich öffentlich erklärt, dass man die Schuldenbremse mit dem Klimaschutz in Einklang bringen müsse. Wie stehen Sie dazu? Schuldenbremse um jeden Preis oder gibt es Ausnahmen?

Ich habe sehr viel mit Anhängern von Fridays for Future diskutiert. Sie haben recht mit ihrer Forderung, dass wir mehr und entschlossener in den Klimaschutz investieren müssen. Aber für ihre Zukunft ist es auch wichtig, und das versuche ich den jungen Menschen immer wieder zu vermitteln, dass sie in 10 bis 15 Jahren einen Arbeitsplatz haben, mit dem sie eine Familie ernähren und sich ihre eigenen vier Wände leisten können. Mir ist wichtig, dass der Klimaschutz nicht zu einer De-Industrialisierung in Deutschland führt. Wenn wir etwas in Deutschland können, dann ist es innovative Technologien und Produkte zu entwickeln. Auch klimafreundliche Produkte, die wir in die Welt exportieren können.

Das Programm der Union zeigt keine konkreten Ideen auf, wie man den Klimawandel bekämpfen wird. Können Sie uns verraten, wie die Union den Klimaschutz aktiv angehen wird?

Das zentrale Instrument ist die CO2-Bepreisung. Über die nächsten Jahre hinweg wird das Verbrennen von fossilen Brennstoffen teurer werden. Gleichzeitig muss dann aber auch als Ausgleich der Strompreis günstiger werden. Außerdem brauchen wir mehr Technologien im Bereich der Mobilität, die auf die Verbrennung von CO2 verzichten und müssen weiter die erneuerbaren Energien ausbauen – was bereits passiert.

Es gibt seit längerem immer wieder Streitigkeiten zwischen CSU und CDU. Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren CDU-Kollegen im Bundestag?

Wir sind eben zwei unterschiedliche Parteien, die unterschiedliche Akzente setzen. Wir sind kein Landesverband der CDU, sondern eine eigenständige Partei mit einem bundespolitischen Anspruch. Das führt natürlich manchmal zu Reibung, aber ich finde, dass dabei immer ein gutes konstruktives Miteinander gepflegt wird.

Hätten Sie sich statt Armin Laschet lieber Markus Söder als Kanzlerkandidaten gewünscht?

Die Messe ist gelesen. Ich hatte mich für Markus Söder ausgesprochen, auch in der Fraktion, aber die CDU hat sich anders entschieden und jetzt kämpfen wir zusammen für Armin Laschet.

Halten Sie ihn für einen geeigneten Merkel-Nachfolger?

Armin Laschet wird unterschätzt. Er führt in NRW eine Regierung weitgehend problemfrei und geräuschlos. Er kann Menschen miteinander verbinden, das ist seine große Stärke. In einer Koalition, die voraussichtlich aus drei oder vier Parteien bestehen wird, ist das eine wichtige Fähigkeit, um eine solche Regierung zusammenzuhalten. Ich kann mir vorstellen, dass ihm das gut liegt.

Gerade hören wir täglich traurige Nachrichten aus Afghanistan. Die Taliban haben das Land schneller zurückerobert als man gedacht hätte. Sie selbst haben im März noch für ein neues Mandat für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr geworben. Wie beurteilen Sie die Lage?

Die Situation in Afghanistan ist eine einzige Katastrophe. Es ist ein Versagen der gesamten westlichen Welt. Aus meiner Sicht hätte man nicht so schnell aus Afghanistan abziehen dürfen. Aber wir sind abhängig von Entscheidungen, die in den USA getroffen werden. Der Kardinalfehler war, dass Donald Trump ohne Einbindung der afghanischen Regierung Verhandlungen mit den Taliban geführt hat. Als Biden im Frühjahr noch gesagt hat, dass der Abzug der Truppen bedingungslos stattfinden wird, war für die Taliban klar, dass sie nur abzuwarten brauchen. Dass es aber so schnell geht, hat uns überrascht.

Ist der Einsatz der Bundeswehr damit gescheitert?

Über 20 Jahre hinweg ist aus Afghanistan kein Terror mehr exportiert worden. Und wir haben einer Generation von Afghanen die Chance auf ein besseres Leben gegeben. Der Einsatz war insgesamt nicht umsonst. Wir hätten uns aber natürlich gewünscht, dass die Erfolge nachhaltiger sind und der Frieden länger anhält.

Sie stecken jetzt mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs. Wie sieht ein Wahlkampf während Corona aus?

Es gibt natürlich keine Großveranstaltungen, wie wir sie bisher kannten. Es findet also viel unter freiem Himmel statt: Spazieren, Radlfahren, Infostände. Zusätzlich habe ich in fast allen Gemeinden auch kleine Videos aufgenommen. Wenn man an einem meiner Wahlplakate vorbeigeht, kann man den QR-Code auf dem Plakat scannen und so sieht man dann das Video, das vor Ort aufgenommen wurde. Über 35 Videos haben wir in den letzten Wochen gedreht. Und für jeden Ort eigene Plakate gemacht.

Dann steht der Wiederwahl ja nichts mehr im Wege. Herr Brandl, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg am 26. September.

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