Startseite » Topstory » „Der erste Fotoapparat war für mich ein Zauberkasten“
„Der erste Fotoapparat war für mich ein Zauberkasten“
Erwin Lanzensberger kommt den Promis mit seiner Kamera so nahe wie nur wenige Fotografen. Seine authentischen Fotografien stellte er kürzlich im Ingolstädter Stadttheater aus. Im espresso-Interview spricht der gebürtige Ingolstädter über seinen Werdegang.
Herr Lanzensberger, das Fotografieren und Filmen zieht sich wie ein roter Faden durch Ihr Leben. Was hat diese Leidenschaft in Ihnen geweckt?
LANZENSBERGER: Mit einem Fotoapparat Momente und Lebenssituationen festzuhalten und zu konservieren hat mich von klein auf fasziniert. Begonnen hat meine Leidenschaft mit einem Geschenk meines Großvaters, einer analogen Praktika aus der DDR, mit der ich viel experimentiert habe. Die Technik habe ich damals zwar noch nicht verstanden, aber es war für mich mit 7 Jahren ein Zauberkasten!
War Ihnen damals schon bewusst, dass sie dieser Leidenschaft Ihr Leben lang nachgehen werden?
LANZENSBERGER: Nein, auf keinen Fall.
In den 80er Jahren machten Sie eine Ausbildung zum Kameramann, in den folgenden Jahren arbeiteten sie in nationalen und internationalen Spielfilmen, Werbefilmen & Dokumentarfilmen mit. Wie haben Sie diese Zeit in Erinnerung?
LANZENSBERGER: Sehr spannend und aufregend, weil man sich immer von Projekt zu Projekt weiterentwickelt hat, viel gereist ist, viel gesehen und erlebt hat. Seien es die Drehorte auf allen Kontinenten oder das Arbeiten mit den Stars.
Die Arbeit an welchem Film- oder Videoprojekt hat Sie rückblickend am meisten geprägt?
LANZENSBERGER: Es gibt natürlich Projekte, die ich besonders in Erinnerung habe. Dreharbeiten in Äthiopien oder Madagaskar zu „Schätze der Welt, Erbe der Menschheit“ für den SWR – alles auf 35mm Film. Oder ein Spielfilmprojekt „Tristan & Isolde“, Produktion Ridley Scott, mit Drehorten in Irland und Tschechien. Die englische Produktion „Flawless“ mit Demi Moore und Sir Michael Caine in London und Luxemburg. Und für die Constantinfilm der Spielfilm „Die Päpstin“ mit John Goodman in Marokko und Deutschland. Und noch so viele mehr…
Sie sind wirklich viel in der Welt herumgekommen. Wo hat es Ihnen am besten gefallen?
LANZENSBERGER: Der Kontinent Afrika, der hat hat mich am meisten beeindruckt. Die Farben, das Licht, die Menschen. In Südafrika habe ich dann auch ein Jahr lang gelebt und gearbeitet.
Aus der Serie „Portraits“
Waren Sie in Ihrer Zeit als Kameramann auch immer nebenbei fotografisch tätig?
LANZENSBERGER: Ja, mehr oder weniger, wie es die Zeit zugelassen hat, aber nie kommerziell. Ich hatte auch bis heute nie ein Magazin oder einen Verlag als Background. Ich habe mich auch bewusst nicht darum bemüht. Ich wollte meine Projekte selbständig und frei gestalten, alle die ich porträtiert habe, haben das auch unentgeltlich gemacht.
Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit als Kameramann von Ihrer Arbeit als Fotograf?
LANZENSBERGER: Der große Unterschied vom Bewegtbild zur Fotografie ist der Personalaufwand. Je nach Aufwand bin ich meistens allein mit dem Protagonisten vor Ort, sei es im Studio oder on Location, maximal mit einem Assistenten. Das ist sehr angenehm und schafft Ruhe, anders als beim Film. Je nach Projekt sind da bis zu 100 Filmschaffende am Set. Das macht das Ganze natürlich langsam und träge und auch anstrengend.
Welche Mentoren und Vorbilder haben Sie auf Ihrem beruflichen Weg besonders geprägt?
LANZENSBERGER: Eine besondere Freude war die Zusammenarbeit mit dem Starfotografen und Regisseur Anton Corbijn. Mit ihm habe ich in Berlin ein Musikvideo mit Herbert Grönemeyer realisiert: „ZUM MEER“. Ansonsten haben mich Fotografen wie Sybille Bergemann, Jim Rakete, Annie Leibovitz, Gabo, Helmut Newton und natürlich Peter Lindbergh geprägt.
Vor kurzem zeigten Sie in Ihrer ersten eigenen Fotoaustellung in Ingolstadt eine Auswahl Ihrer Fotogarafien, darunter die Reihe „Faces“, Schwarz-Weiß-Nahaufnahmen von bekannten Persönlichkeiten. Wie kam es zu der Idee, diese Serie zu erstellen und wie haben Sie es geschafft, den Promis so nahe zu kommen?
LANZENSBERGER: Die Idee zu „Faces“ ist 2011 geboren, bei einer Drehpause zu einem Fernsehfilm mit Franz Xaver Kroetz. Ich habe ihn damals gefragt, ob ich ein Porträtfoto von ihm machen dürfte, er hat zugestimmt. Nachdem ich den Film entwickelt hatte, war die Resonanz so groß, dass ich eine Serie daraus gemacht habe mit dem Arbeitstitel „FACES“. Der Titel ist bis heute so geblieben. Durch meine Arbeit als Kameramann hatte ich ja glücklicherweise immer ein enges Arbeitsverhältnis zu den Schauspielern. Das hat Nähe und Vertrauen geschaffen. Das war die Basis, sie dann auch für meine privaten Projekte zu gewinnen.
Übrigens vielen Dank an meine Heimatstadt Ingolstadt und das Team des Kulturreferats für die Möglichkeit, meine Arbeiten der Öffentlichkeit zu präsentieren. Und vor allem vielen Dank den Besuchern, ich bin überwältigt, es waren am Ende über 1000 Besucher.
Aus der Serie „FACES“
Wie bereiten Sie sich normalerweise auf ein Shooting mit einem Promi vor?
LANZENSBERGER: Die „FACES“ gehen meist sehr schnell, da ich mit natürlichem Licht arbeite und daher wenig Aufwand habe. Als Kamera verwende ich eine Mittelformatkamera 6×7 Pentax mit einem Rollfilm, das sind dann 10 Einzelbilder, mehr nicht, meist sind die ersten 5 Bilder die besten.
Meine zweite Serie „Portraits“ ist dafür viel aufwändiger und im Detail akribisch vorbereitet .
Nach welchen Kritierien suchen Sie die Modells aus und welche Begegnung ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
LANZENSBERGER: Es sind in der Regel Menschen im Showbusiness, Sportler, Schauspieler, Persönlichkeiten, mit denen ich aufgewachsen bin und die mich nachhaltig beeindruckt haben.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir das Shooting mit Horst Eckel, dem letzten lebenden Fußballweltmeister von 1954. Kennengelernt haben wir uns bei den Dreharbeiten zum Kinofilm „Das Wunder von Bern“. Herr Eckel war als Spezialist vor Ort und hat den Regisseur Sönke Wortmann beraten. Dieser Kontakt half mir nach fast 15 Jahren ein Bild zu verwirklichen, das ich jahrelang in meinem Kopf hatte. Das Motiv: das legendäre Fritz-Walter-Stadion am Betzenberg in Kaiserslautern. Meine Idee: Horst Eckel sitzt im Spielertunnel, in der Hand den WM Pokal von 1954 und blickt aufs leere Spielfeld. Das ist eines meiner Lieblingsbilder. Der Aufwand war sehr groß, alleine den Replika-WM-Pokal von 1954 zu bekommen, darüber könnte man schon ein Buch schreiben. Aber es hat sich gelohnt, ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis .
Wie muss ein wirklich gelungenes Porträtfoto sein?
LANZENSBERGER: Natürlich. Ungeschminkt. Ungestellt. Die Gabe ist es, für den Protagonisten ein Umfeld zu schaffen, in dem das eigentliche Fotografieren zweitrangig wird. Der Fotograf Peter Lindbergh war ein Meister darin. Das kann man auch nicht lernen, das hat man oder man hat es nicht.
Meist sind die ersten 5 Fotos die besten
Mit welcher Kamera fotografieren Sie üblicherweise?
LANZENSBERGER: Meine Arbeitsgeräte sind Hasselblad und Pentax. Im Studio arbeite ich gerne mit einer Sinar-Großformatkamera und immer mit dabei ist meine Leica MP Kleinbildkamera – alles analog.
Warum halten Sie an der Analogfotografie fest, was sind die Vorteile gegenüber der Digitalfotografie?
LANZENSBERGER: Da gibt es zwei Gründe. Der erste Grund ist der entschleunigte Workflow. Man macht nicht 1.000 Bilder und schaut dabei alle zwei Sekunden auf das Display, sondern überlegt sich ein Konzept, das man umsetzen will und schränkt sich ein. Außerdem liebe ich den analogen Abzug, man sieht das Filmkorn, das Bild lebt einfach und ist organisch.
Und der zweite Grund: Ich archiviere lieber ein Negativ als immer 100 Updates vom Update zu machen, in der Sorge, dass die Pixel einmal verschwunden sind. Das heißt jetzt nicht, dass ich mich der digitalen Technik verschließe. Ich habe natürlich auch eine Digitalkamera, eine Nikon, aber diese benutze ich nur kommerziell, um die Kosten nicht zu strapazieren, wenn es nicht unbedingt nötig ist.
Unterwegs in Afrika
Über seine Arbeit als Kameramann lernte Lanzensberger den afrikanischen Kontinenten kennen und lieben. Dokumentations- und Werbedrehs führten ihn immer wieder nach Afrika. Während längerer Dreharbeiten zu der Filmreihe „Schätze der Welt“ in Äthiopien und Madagaskar entstanden die Fotos „Sinnliches Afrika“, mit denen er die Geschichten der Menschen in ihrer Landschaft und ihrem sozialen Umfeld erzählt.
Wie hat sich die Fotografie und die Arbeit als Fotograf über die vielen Jahre, die Sie aktiv miterlebt haben, verändert?
LANZENSBERGER: Die hat sich sehr verändert, vor allem die Bilderflut, die uns die digitale Welt auf Instagram und Facebook beschert. Es ist technisch durch die vielen Hilfsmittel einfach geworden, gute Bilder zu machen, die vielen Apps unterstützen einen Look zu kreieren. Das soll keine Kritik sein, die Welt verändert sich und das ist auch gut so. Trotzdem wird es natürlich immer schwieriger, aus der Masse von Fotografen, egal ob Profi- oder Hobbyfotograf, herauszustechen.
Man darf sich nicht ablenken lassen und muss sein eigenes Ziel konsequent verfolgen, um am Ende doch erfolgreich zu sein und seine eigene Handschrift zu erzeugen.
Was haben Sie durch die vielen Jahre hinter der Kamera über sich selbst gelernt?
LANZENSBERGER: Geduld zu üben, das habe ich gelernt. Es fällt mir nicht immer leicht und ist leider auch nicht meine Stärke, aber ich arbeite daran (lacht).
Wen würden Sie gerne in Zukunft einmal porträtieren?
LANZENSBERGER: Tommy Lee Jones, Jean Penn, … – die ersten Kontakte sind geknüpft.
Dürfen wir uns bald wieder auf eine Ausstellung von Ihnen freuen?
LANZENSBERGER: Ja, auf meine Ausstellung „Work in Progress“. Die nächste Exhibition ist in München geplant, danach quer durch Deutschland, wann und wo genau werde ich frühzeitig kundtun.
Herr Lanzensberger, vielen Dank für die interessanten Einblicke in Ihr Schaffen.
Erwin Lanzensberger
Fest zum Reinen Bier findet erneut auf Theaterplatz statt
Das Fest zum Reinen Bier findet im kommenden Jahr erneut auf dem Theaterplatz statt – und zwar vom 25. bis 27. April.
Advent im Arzneipflanzengarten
Der Adventsnachmittag im Arzneipflanzengarten hinter der Alten Anatomie ist für viele zur liebgewonnenen Tradition geworden.
Heiße Luft in Kappadokien
Zwischen Feenkaminen und Wunderlampen – Stefanie Herker über ihre Reise nach Kappadokien
In die Wiege gelegt
So früh wie Lisa und Lukas hat sich wohl noch keines unserer vorgestellten Ehepaare kennengelernt. Unsere Hochzeitsstory aus Ausgabe 12/2024.
Einfach griabig
„Bayerisch Hygge“ ist eine Lebenseinstellung, sagt Martina Wölfert. „Mit ihr lebt es sich einfacher und entspannter. Mit Bayerisch Hygge haben wir mehr Klarheit und Gelassenheit und gefühlt mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge. Wir nutzen den Zusammenhang zwischen den Räumen und dem, wie wir leben möchten, ganz bewusst.“
Einfach magisch
Von der Reiseinfluencerin zur Kinderbuchautorin. Diesen Weg beschritt die gebürtige Ingolstädterin Mella Lisitano. Im Dezember erscheint ihr Erstlingswerk „Der magische Reisekoffer“ im Zwergenstark-Verlag.