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„Draußen ist es ungefährlicher als in einer Großstadt“

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"Draußen ist es ungefährlicher als in einer Großstadt"

Der Ingolstädter Markus Baumann verbringt gerne und viel Zeit im Wald. Warum er das tut, verrät er im espresso-Interview | Fotos: Markus Baumann

Der Waldläufer

Wir alle leben in einer Zeit voller Annehmlichkeiten – manchmal sogar zu vielen. Wir verlieren den Blick aufs Wesentliche, alltägliche Dinge wissen wir nicht mehr zu schätzen. Wenn Markus Baumann raus in die Natur geht, reduziert er sich bewusst. Alles was er braucht, passt in einen Rucksack. Sein Hobby: Bushcrafting.

Die Zeiten, als sich unsere Vorfahren mit wenigen Hilfsmitteln gegen Mutter Natur durchsetzen mussten, sind lange vorbei. Doch Markus Baumann setzt sich gerne neue Ziele, probiert aus, tüftelt, lernt neue Fertigkeiten und Techniken. Eben alles, was er benötigt, um sich auch mal ohne die Annehmlichkeiten unserer Zeit in der Natur durchschlagen zu können. Auf Instagram teilt er seine Eindrücke unter dem Namen Naturbursche Markus.

Markus, beschreibe doch dein Hobby bitte einmal kurz.
Es ist ein Hobby mit vielen Facetten. Unterwegs bin ich eigentlich überall, sei es mal in einem angrenzenden Waldgebiet oder auch in den Bergen. Ich mache Tagestouren, übernachte aber auch mal ein bis zwei Nächte im Freien. Ich brauche kein Hotel, kann machen was ich will, weiterziehen, wann ich will und gehen, wohin ich will. Natürlich innerhalb des gesetzlichen Rahmens. Es ist jedes Mal ein neues, kleines Abenteuer. Keine Nacht ist gleich, keine Tour ist gleich. Selbst wenn man zweimal an den gleichen Ort geht, nur zu unterschiedlichen Jahreszeiten, ist wieder alles anders.

Vermutlich als Ablenkung in der Corona-Zeit nicht schlecht.
In gewissem Maße ist es schon eine Auszeit. Wenn man ein oder zwei Tage unterwegs ist, kriegt man von Corona natürlich nichts mit. Es ist also eine willkommene Abwechslung, um das ganze Chaos hinter sich zu lassen oder auszublenden.

Wie bist du zu diesem Hobby gekommen?
Über einen Kumpel, der Fischer ist. Ich war öfter dabei, Lagerfeuer wurden gemacht. Irgendwann habe ich mir einen Schlafsack gekauft. Mein Interesse daran ist stetig gewachsen – und schließlich auch zur Leidenschaft geworden.

Was gibt dir die Zeit in der Natur?
Für mich ist es ein Reset. Viele Alltagssorgen gehen verloren, wenn man alleine oder zu zweit Zeit im Wald verbringt. Man genießt die Einfachheit, kommt geerdeter zurück und lernt alltägliche Dinge wieder zu schätzen. Zuhause lege ich eine Kapsel ein und drücke aufs Knöpfchen, wenn ich einen Kaffee will. Wenn ich draußen bin, muss ich erst überlegen, was ich überhaupt mitnehme und mir unter Umständen Feuerholz machen und Wasser filtern, wenn ich keines dabei habe. Wenn es regnet und das Holz nass ist, ist das natürlich ein enormer Aufwand, bis man zu seinem Kaffee kommt. Aber es macht Spaß.

Wie machst du Feuer, wenn du unterwegs bist?
Entweder mit dem Feuerstahl oder hin und wieder auch mit dem Sturmfeuerzeug – beim Feuerbohren bin ich nicht so der Profi. Harz eignet sich besonders gut zum Feuermachen, weil es sehr gut und vor allem lange brennt. Manchmal habe ich auch einen kleinen Spirituskocher dabei. Bevor ich mich auf den Weg mache, frage ich mich oft: was möchte ich dieses Mal ausprobieren? Bei einer meiner letzten Touren waren Seen in der Nähe, also habe ich kein Wasser mitgenommen, sondern meinen Wasserfilter. Man überlebt ja auch mal einen Tag, wenn’s nicht hinhaut – dafür ist man eine Erfahrung reicher. Wenn das Wasser so dreckig ist, dass man es nicht verwenden kann, schläft man halt durstig (lacht).

Markus ist zu allen Jahreszeiten in der Natur.

Wenn du dich bei einer Übernachtung auf drei Dinge beschränken müsstest, die du mitnehmen darfst, welche wären es?
Eine Isomatte, ein Schlafsack und ein Feuerzeug.

Was hast du sonst noch dabei?
Ein Messer gehört auf jeden Fall dazu. Ebenso eine Taschenlampe, selbst wenn es bloß eine Tagestour ist. Man findet immer mal wieder eine kleine Höhle oder Ähnliches, was man erkunden möchte. Ansonsten variiere ich durch. Wasserkessel oder Topf, mal bloß eine Tasse, mal eine Thermoskanne, verschiedene Rucksäcke… Auch verschiedene Unterkünfte probiere ich aus, von der Plane bis zum Zelt – je nachdem. Ich mache mir sehr viel Ausrüstung selbst, nähe auch Zelte.

Was isst du, wenn du unterwegs bist?
Ich bin kein Jäger und selbst etwas zu erlegen wäre Wilderei. Manchmal sind es nur Kekse, manchmal ein ganzes Brathendl, das ich über dem Lagerfeuer grille.

Auf deinem Instagram-Kanal sieht man, wie du mit Wasser und Tannenzweigen einen Tee zubereitest.
Das mache ich öfter. Dabei lässt sich ein bisschen experimentieren. Es gibt aber auch genügend andere Sache, die man in unserer Schnelllebigkeit leider vergisst. Pflanzen, die eine heilende Wirkung haben oder einfach gut schmecken, wie zum Beispiel der Bärlauch. Wir haben auch schonmal Semmelknödel gemacht und dafür frische Pilze gesammelt. Es lässt sich also viel aus der Natur holen, aber auskennen muss man sich natürlich schon.

Gab es auch schon brenzlige Situationen?
Ja, an einem Bach habe ich mir den Fuß vertreten und ein Band angerissen. Ich musste mich also beim Gehen mit einem Stock stützen. Damals waren wir zu zweit unterwegs. Ansonsten würde ich sagen: draußen ist es ungefährlicher als in einer Großstadt.

Übernachtest du auch alleine im Wald?
Ja, das ist schon nochmal was anderes, eine andere Erfahrung. Wenn man keinen Ansprechpartner hat, ist alles viel ruhiger und man nimmt die Umgebung nochmal viel intensiver wahr.

Was sind besonders schöne Erlebnisse in der Natur?
Ein Alpin-Biwak ist schon sehr cool – ob im Winter oder im Sommer. Wenn man einen Berg besteigt, um in der Früh um 5 den Sonnenaufgang zu erleben und dann noch der Nebel leicht aufsteigt… das sind Momente, die man nicht vergisst.

Markus kennt sich nicht nur im Wald aus, auch am Klettersteig weiß er genau, worauf es ankommt.

Welche Regeln sollte man in der Natur beachten?
Generell ist ein respektvoller Umgang mit der Natur wichtig. Also nichts beschädigen und keine Pflanzen kaputt machen. Klar, wenn man mal zwei oder drei Äste nimmt, ist das schon okay, aber manche holzen gleich ganze Bäume um. Natürlich sollte man keinen Müll hinterlassen. Das Idealste ist, seinen Platz so zu verlassen, dass man gar nicht merkt, dass jemand da war.

Welche Tipps würdest du jemandem an die Hand geben, der auch mit diesem Hobby liebäugelt?
Erstmal schlicht anfangen. Wichtig ist ein gesundes Schuhwerk und ein guter Rucksack. Das ist das A und O, alles andere macht sonst keinen Spaß. Man wächst in das Hobby rein. Manche übertreiben es gleich maßlos und geben hunderte oder tausende Euro aus. Das widerspricht aber eigentlich dem Grundprinzip, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Das Hobby ist ja auch ein minimalistisches, quasi zurück zu den Wurzeln.
Genau, ich war auch schon ohne Schlafsack unterwegs oder bloß mit einer Decke, um es auszureizen. Man ist ja nicht irgendwo in den Rocky Mountains, wo die nächste Bergstation 1000 km weit weg ist. Wenn ich das Ziel, das ich mir gesteckt habe, nicht erreiche, kann ich einfach heimgehen. Oder wenn ein Sturm aufzieht. Das ist auch das Einzige, wo ich sage: Raus aus dem Wald. Das ist zu gefährlich.

Markus arbeitet eigentlich bei Audi, im Nebenberuf ist er der Fotograf hinter lichtbetont.de.

Kommen wir zum Ende: was würdest du noch gerne loswerden?
Man sollte immer wieder reflektieren, mit was man angefangen hat und wo man aktuell steht. Gerne verfällt man nämlich doch ein bisschen in einen Aurüstungswahn. Manche Dinge sollte man einfach mal bewusst daheim lassen, um auch wieder back to the roots zu kommen. Klar kann man viel mitnehmen, um es sich gemütlicher zu machen. Aber darum geht’s ja nicht. Man soll sich mit den essenziellen Sachen beschäftigen.

Markus, vielen Dank für das Gespräch.

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