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Im Angesicht des Eisbären

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Im Angesicht des Eisbären

Foto: Adobe Stock / aksol

Mit seinen Bildern von Eisbären machte sich Norbert Rosing einen Namen. Seit vielen Jahren zählt er zu den renommiertesten Naturfotografen Deutschlands, arbeitete u.a. für National Geographic. Mit espresso spricht er über seinen Weg zur Fotografie, die „digitale Revolution“ und den schwindenden Lebensraum der Eisbären.

Norbert Rosing

Natur- und Tierfotograf
1953 geboren, aufgewachsen im Münsterland, lebt seit Mitte der 70er im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Wie wird man eigentlich Fotograf? Zuerst einmal muss sicherlich ein Interesse vorhanden sein, so war es auch bei Norbert Rosing. Schon als Kind habe er fotografiert, eine fotografische Ausbildung hat er – wie viele seiner Kollegen – aber nicht, wie er uns erzählt: „Es war Learning by doing“. Ernst wurde es allerdings erst in den 80ern, als Rosing die Wochenenden in den Bergen Deutschlands mit fotografieren verbrachte und bald darauf auch das erste Geld damit verdient war. Es kam, was kommen musste: die Fotografie löste Schritt für Schritt den Hauptberuf des gelernten Krankenpflegers ab – bis sich Rosing schließlich ganz dem „Reich der Eisbären“ hingab.

Analog vs. digital

Ende der 80er ging es für Rosing das erste Mal nach Kanada – der Beginn einer rund drei Jahrzehnte dauernden und dutzende Reisen umfassenden Geschichte war gekommen. Seine Fotos von Eisbären – allen voran der Polar Bear At Ease – gingen um die Welt. Fotos der eindrucksvollen Tiere waren zu seinen Anfangszeiten noch eher rar gesät, bald darauf glänzten sie in namhaften Magazinen und Büchern. Man merkt Rosing seine Leidenschaft für die Fotografie an – eine Leidenschaft, die wohlgemerkt zu analogen Zeiten ihren Lauf nahm. „Zur Zeit der digitalen Revolution wollte ich teilweise auch mit der Fotografie aufhören“, sagt er. Man merkt deutlich, wie er mit der heutigen Zeit hadert, in der es auf schnelllebigen Social-Media-Plattformen wie Instagram im Sekundentakt von Bild zu Bild geht. Auch die Wertigkeit der Bilder hätte beim Wechsel von analog auf digital stark abgenommen, wie er findet. Doch Rosing hat sich arrangiert, hat sowohl den Sprung von der analogen in die digitale Fotografie bewältigt als auch einen eigenen Instagram-Kanal.

Auf die Anfrage eines Nachwuchsotografen nach einer Praktikumsstelle fand Rosing allerdings deutliche Worte. Er riet ihm von seinem Karrierewunsch ab. „Man kann von der Naturfotografie nicht mehr leben.“ Es sei denn, man bringe schon einen gefestigten finanziellen Background mit. Soll heißen: man ist auf das Geld ohnehin nicht angewiesen.

Kleine Schritte reichen nicht aus

Eindrucksvolle Fotos von eindrucksvollen Tieren: gehören diese bald der Vergangenheit an? Der Lebensraum der Eisbären schwindet. Tag für Tag, Stunde um Stunde. Fotos und Videos von abgemagerten Eisbären sind keine Seltenheit mehr. „Wie es weiter geht, ist natürlich die große Frage unserer Zeit“, sagt Rosing. Das hänge auch davon ab, wie schnell die Weltbevölkerung weiter wachse, ob der Regenwald weiterhin in diesem rasanten Tempo abgeholzt werde und ob auch weiterhin in anderen Teilen der Erde Raubbau an der Natur betrieben werde. Ob man das Ruder noch rumreißen könne, wagt der Fotograf nicht zu beantworten. Sicher ist er sich allerdings bei diesem Punkt: Kleine Schritte werden nicht helfen.

Fast täglich kontrolliert Rosing mit einer Eiskarte, wie sich das Eis in der arktischen Zone verändert. Seine Prognose: düster. Das Eis wird immer dünner – nicht nur für Eisbären ein Problem. „Walrösser, Vögel, Robben – was machen die?“, fragt der Fotograf. Es ist ein Dominoeffekt ins Verderben. 150 Tier- und Pflanzenarten sterben nach Angaben des Naturschutzbundes aus – täglich. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Schluss, dass Eisbären in den nächsten 80 Jahren ausgestorben sein könnten, wenn nicht mehr gegen den Klimawandel unternommen werde.

„Ein anderes Thema ist die Plastikverschmutzung der Meere“, sagt Rosing und weist dabei auch auf den Pressebericht über einen Wal hin, der sich vor kurzem in einem illegalen Fischernetz verhedderte. „So sieht das heute aus.“ Die Mägen seien voll mit Plastik „und wir tun absolut gar nichts dagegen“.

Der Weiße Wolf

Manche Fotos schlagen in der Fotografenszene ein wie eine Bombe. So war es auch bei Jim Brandenburgs Bildern vom Weißen Wolf aus den 80ern. Damals glühten in der deutschen Fotografenszene die Telefone, wie sich Rosing erinnert. Die Aufnahmen: so einmalig wie atemberaubend. „Jeder wollte plötzlich dort hin. Das Buch wurde fast schon ein wenig auf den Altar gestellt.“ Rosing vermisst Bildbände wie diesen oder auch „Yosemite“ von Ansel Adams. Heutige Bildbände seien sich alle ein bisschen ähnlich. Habe er sich früher noch 20 Bildbände pro Jahr gekauft, sei das nach der digitalen Revolution massiv zurückgegangen.

Auch Deutschland hat schöne Ecken

Norbert Rosing setzte sich in seiner Karriere auch immer wieder intensiv mit Deutschland auseinander. Im Herbst erscheint sein neuer Bildband „Verborgen“ über die Fränkische Schweiz. „Dass ich in Deutschland nochmal eine Region finde, die so unterfotografiert ist, hätte ich nicht gedacht“, sagt er. Gut versteckt in dunklen, dichten Buchenwälder liegen faszinierende Karstgebilde. Rosing hat sie gesucht und gefunden. Doch auch der Westen der USA hat es dem Fotografen angetan. Der Schwarz-Weiß-Bildband „The West“ erscheint ebenfalls im Herbst. Er trägt vielsagend den Untertitel „Auf den Spuren von Ansel Adams“.

Bleibt noch eine Frage zu klären: Welche Kamera verwendet ein renommierter Fotograf wie Rosing für seine Aufnahmen? „Seit 30 Jahren nutze ich Leica-Kameras.“ 25 Jahre lang fotografierte er ausschließlich analog im R-System des Herstellers, nach der „digitalen Revolution“ nun mit dem Leica M-System. Für die Schwarz-Weiß-Fotografie nutzt er die Leica Monochrom, die ausschließlich Schwarz-Weiß-Aufnahmen produziert.

Mehr über Norbert Rosing auf seiner Webseite.

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