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Mehr Humus braucht das Land

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Mehr Humus braucht das Land

Foto: Adobe Stock / fotoduets

Umwelt- und Klimaschutz sind die großen Themen unserer Zeit. Eine wichtige Rolle kommt dabei den Landwirten zu. espresso im Interview mit der Projektmanagerin der Öko-Modelregion Pfaffenhofen, Agnes Bergmeister, über nachhaltige Landwirtschaftsprojekte, Fridays For Future und den Nutzen von humusreichen Ackerböden.

Agnes Bergmeister

Projektmanagerin Öko-Modellregion Pfaffenhofener Land | Stadtverwaltung Pfaffenhofen a. d. Ilm

Frau Bergmeister, warum wurde die Pfaffenhofener Bodenallianz geschaffen?
Die Stadt Pfaffenhofen hat die Bodenallianz gemeinsam mit Landwirten gegründet, um eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Pestizide sowie die Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern.

Wer ist aktuell Teil davon?
Momentan sind knapp 100 Bäuerinnen und Bauern, sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende, Mitglieder dieser Allianz.

Welche Projekte wurden im Rahmen der Bodenallianz bereits umgesetzt?
Der insgesamt drei Jahre laufende Bodenkurs beispielsweise hat mehr als 30 Teilnehmer*innen, die ihr Wissen darum, wie Bodenfruchtbarkeit erhalten werden kann, erweitern wollen. Vorträge und praktische Übungen schaffen die Basis, gemeinsam entwickeln die Mitglieder Möglichkeiten zur Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit. Da das Interesse daran vorhanden ist, bieten wir einen weiteren Bodenkurs an, der Ende 2020 starten soll.
Etliche Betriebe haben schon einen Fokus-Naturtag durchgeführt, das ist eine hofindividuelle Beratung, deren Schwerpunkte je nach Betrieb unterschiedlich gesetzt sind. Möglichst umfassend wird aus Naturschutz-Sicht auf den Betrieb geschaut: von Acker und Grünland über Landschaftselemente wie Hecken bis hin zur Hofstelle. Welche Möglichkeiten für mehr Naturschutz können auf dem Betrieb einfach umgesetzt werden? An welchen Agrarumweltprogrammen oder anderen Förderprogrammen kann teilgenommen werden?
Man kann sich zu beiden Angeboten gerne anmelden.

Vertreter der Öko-Modellregion Pfaffenhofener Land auf dem Schaibmaierhof in Hettenshausen (v.l. Dr. Peter Stapel, Nachhaltigkeitsmanager Stadt Pfaffenhofen, Thomas Herker, Erster Bürgermeister Pfaffehofen a. d. Ilm, Joseph Amberger, Projektleiter Bodenallianz, Stefanie und Anton Schrödl, Landwirtschaftsmeister

Entstanden ist die Bodenallianz 2018 im Zuge der Pfaffenhofener Nachhaltigkeitserklärung. Damals wurde deutlich, dass die durch den Hopfenanbau geprägte Region um Pfaffenhofen einen relativ geringen Anteil an ökologisch bewirtschafteten Flächen aufweist – nämlich nur sechs Prozent. Als Ziel wurde eine Verdreifachung dieser Fläche ausgegeben. Ist der Anteil mittlerweile gewachsen?
Ja, der Anteil ist gewachsen. Wir wissen auch von einigen Betrieben, die umstellen wollen, bzw. sich bereits in der Umstellungsphase befinden.

Quasi eine Erweiterung zur Bodenallianz ist das „Pfaffenhofener Land“ (ein Zusammenschluss von Pfaffenhofen mit den Nachbargemeinden Scheyern, Ilmmünster und Hettenshausen). Seit 2019 ist dies eine staatlich anerkannte Öko-Modellregion.
Im Gebiet der Öko-Modellregion liegt der Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe, die nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus wirtschaften, noch unter dem bayerischen Durchschnitt. Wir wollen den Ökolandbau stärken und Landwirte bei ihren Vorhaben und Projekten unterstützen. Dazu gehört auch die Steigerung des Absatzes von Bio-Produkten in der Region, unter anderen durch eine Einführung von regionalen Bio-Produkten in der Außer-Haus-Verpflegung. Dazu haben wir kürzlich Landwirte, Verarbeiter, Köche und Verpflegungsverantwortliche in Einrichtungen sowie Gastronomen eingeladen um ein Netzwerk zu bilden und nach Bedarf weitere Angebote wie Exkursionen und Workshops anzubieten. Hier erzeugte Produkte sollen möglichst auch in der Region weiterverarbeitet und konsumiert werden.

Bodenallianz-Landwirtin Maria Müller aus Haimpertshofen

Ein Projekt davon nennt sich „Boden.Klima“. Ziel ist es, Ackerböden mit Humus anzureichern. Was ist der Vorteil von humusreichen Böden?
Gesunde Böden sichern nicht nur unsere Ernährung, weil auf und in ihnen wertvolle Lebensmittel heranwachsen. Böden sind auch ein bedeutender Klimafaktor: Da Humus im Boden zu etwa 60 % aus Kohlenstoff besteht, ist er entscheidend für den Einfluss des Bodens auf den globalen Kohlenstoffkreislauf. Vereinfacht: je höher der (Dauer-) Humusgehalt, desto mehr klimawirksame Gase (wie z.B. Kohlendioxid –CO2) aus der Atmosphäre können stabil gebunden werden.
Der Klimawandel fordert die Beschäftigung damit ein, denn ein fruchtbarer und humusreicher Boden hat nicht nur eine gute Klimabilanz, sondern zeigt auch die größte Resilienz gegenüber Klimastress. Welche Bewirtschaftungsmethoden sollen Landwirte wählen? Und wie können sie ihre Ackerböden besser verstehen und deren Zustand richtig einschätzen, um Maßnahmen zu ergreifen, die den Ertrag stabil halten? Das sind Fragen, die sich Landwirte – ob bio oder konventionell – stellen müssen. Obwohl die Landwirte unserer Region eher noch Glück hatten, nachdem es schon 2018, 2019 und 2020 in Deutschland viel zu wenig geregnet hat und dies in den Wintermonaten nur zum Teil ausgeglichen wurde, herrscht vielerorts bis in die tieferen Bodenschichten eine außergewöhnliche Dürre.

Wie funktioniert eine Humusanreicherung? Welche Herausforderungen treten dabei auf?
Beim Humusaufbau wird Kohlenstoff in den Boden eingebracht und dort klimapositiv gebunden. Da im Boden ständig Auf- und Abbauprozesse von organischem Material, also v.a. Pflanzenresten stattfinden, ist die Messung nicht ganz einfach.

Im August war der offizielle Auftakt von Boden.Klima. Das Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt. Welche Schritte wurden seit August unternommen, wie sieht der weitere Fahrplan aus?
Insgesamt 18 Landwirte aus dem Pfaffenhofener Land beteiligen sich an einem Pilotprojekt, das die Speicherung des Treibhausgases CO2 im Ackerboden untersucht.
Während dieser Zeit wird die Bodenentwicklung genau dokumentiert, Maßnahmen, welche die Entwicklung positiv beeinflussen, werden weiterentwickelt. Dafür werden Bodenproben entnommen, um den Zustand der Äcker zu bestimmen. Die Böden werden dann entsprechend der Analyse bewirtschaftet, um den Humusaufbau zu fördern.
Ziel ist auch, dass Unternehmen aus der Region Klimaschutz-Zertifikate erwerben können, um so ihren nicht vermeidbaren CO2-Fußabdruck zu kompensieren. Einnahmen kämen in erster Linie den Landwirten zu Gute, die entsprechend der in Form von Humus im Boden gebundenen CO2-Menge und für den dabei entstehenden Zusatzaufwand vergütet würden. Am Ende dieses Pilotprojekts werden die Ergebnisse evaluiert und die Beteiligten entscheiden über eine dauerhafte Einführung des Konzepts.

Anlaufstelle für regionale Kost: Hofladen am Schaibmaierhof

Klima- und Umweltschutz beginnt vor der eigenen Haustür. Ökologisch, naturnah und pestizidfrei bewirtschaftete Ackerflächen sind dabei ein wichtiger Aspekt. Am Ende muss der Endverbraucher aber auch die regionalen Produkte kaufen – z.B. auf dem Erzeugermarkt am Hauptplatz – und nicht zu den eventuell günstigeren Produkten im Supermarkt greifen, die klimaschädlich einmal um die Welt reisten. Wie lässt sich das Bewusstsein der Endverbraucher dahingehend schärfen?
Der einzelne Mensch fühlt sich oft ohnmächtig, doch jeder kann sein eigenes Umfeld gestalten. Dabei spielt eine möglichst bioregionale Ernährung und die damit einhergehende Art der Landwirtschaft eine zentrale Rolle. Der Wunsch danach ist greifbar, doch von der Einsicht zum Handeln ist es ein gutes Stück Weg, noch dazu, wenn die Preise nicht die ökologische Wahrheit sprechen und die Allgemeinheit momentan die Kosten einer nicht nachhaltigen Wirtschaftsweise trägt, indem z.B. kostenintensive Trinkwasser-Aufbereitung nötig wird, damit das Trinkwasser unter den gesetzlich festgelegten Grenzwerten bleibt.

Waren die Landwirte, die sich jetzt an dem Projekt im Rahmen der Bodenallianz bzw. der Öko-Modellregion beteiligen, direkt „Feuer und Flamme“ oder musste erst Überzeugungsarbeit geleistet werden?
Wie überall gibt es auch bei der Gruppe der Landwirte eine ganze Bandbreite an Reaktionen. Es handelt sich ja um ein Angebot und basiert auf Freiwilligkeit.

Wie stehen Sie zur Umweltbewegung Fridays For Future? Halten Sie es für möglich, dass Projekte wie die Bodenallianz künftig gar nicht mehr nötig sein werden, weil das gesteigerte Umweltbewusstsein die heranwachsende Generation zu einem nachhaltigen Umdenken bewegt hat oder ist dies eine doch zu utopische Vorstellung?
Momentan ist Fridays for Future vor allem wegen der Pandemiesituation leider in der Öffentlichkeit nicht so sichtbar. Doch die Anliegen und Forderungen sind entscheidend für unsere Zukunft. Es heißt dranbleiben, denn Themen wie Klimaschutz, Biodiversität oder ökologischer Fußabdruck gehören zu den Kernthemen der Bildung. Dazu kommen Themenfelder mit aktuellen Bezügen zu unserer Region: Woher kommen unsere Nahrungsmittel und was hat das mit dem Klima zu tun? Letztlich gilt es Menschen aller Generationen darin zu bestärken, dass nur unser verantwortlicher Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen zukunftsfähig ist.

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